Roboter lernen mit Quantenalgorithmen
Erste Erfolge für quantengestützte Berechnungsverfahren in der Robotik.
Quantencomputer bergen ungeahntes Potenzial für zahlreiche Anwendungsfelder – auch für die Robotik. Doch noch steckt die Forschung in den Kinderschuhen. Im nun abgeschlossenen Projekt QINROS ist es Forschenden des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI) und der Universität Bremen gelungen, bestärkende Lernverfahren mit Quantenalgorithmen erstmalig für die Roboternavigation im Kontext der Weltraumexploration einzusetzen. Damit schaffen sie wichtige Grundlagen zur Erforschung der Zukunftstechnologie für robotische Anwendungen.
Die größte Herausforderung im Bereich der autonomen Robotik ist die riesige Datenmenge, die in kürzester Zeit verarbeitet werden muss, damit Roboter selbständig agieren und schnell auf unvorhergesehene Situationen reagieren können. Quantencomputer sind in der Lage, eine Vielzahl von Lösungswegen parallel zu berechnen, weshalb sie Informationen deutlich schneller verarbeiten, und sehr viel komplexere Aufgaben bewältigen könnten als klassische digitale Computer. Doch die Erforschung quantengestützter Berechnungsverfahren in der Robotik steht noch ganz am Anfang. Diese voranzutreiben, haben sich das DFKI Robotics Innovation Center und die Arbeitsgruppe Robotik der Universität Bremen auf die Fahne geschrieben und eine Forschungsagenda definiert, um quantengestützte Konzepte und Lösungen für Anwendungsfelder in der künstlichen Intelligenz und Robotik zu erarbeiten.
„Die Quantentechnologie, insbesondere das quantenmaschinelle Lernen, hat das Potenzial bedeutende Entwicklungen im Bereich der effizienten Berechnung hoch komplexer Prozesse zu ermöglichen. Gerade in der Robotik haben wir das Problem, dass wir immer am Limit der Computer arbeiten – je mehr Rechenkraft uns zur Verfügung steht, desto besser. Allerdings gilt es hier noch sehr viel grundlegende Forschung zu betreiben und entsprechende Ausbildungsarbeit zu leisten. Dazu möchten wir mit aktuellen und zukünftigen Projekten beitragen“, sagt Frank Kirchner, Leiter des DFKI Robotics Innovation Center. Dabei ist die Verteilung von Rechenprozessen von besonderer Relevanz, weil die Rechenkapazität aktueller Quantencomputer noch nicht für eine vollständig quantenbasierte Verarbeitung ausreicht. Zudem wollten die Bremer Forschenden herausfinden, inwiefern die quantengestützte Ausführung maschineller Lern- und Optimierungsverfahren Vorteile gegenüber klassischen Verfahren birgt.
Dies untersuchten sie am Beispiel eines mobilen Turtlebot-Systems, dessen Aufgabe es ist, eine unbekannte Umgebung eigenständig zu erkunden. Dabei erfasst der Roboter sowohl Sensorwerte der Umgebung als auch Informationen zu seinem internen Status, die als Datenbasis für das bestärkende Lernen dienen, das erwünschtes Roboterverhalten wie das erfolgreiche Umfahren eines Hindernisses belohnt. So lernt das System, sich nach und nach in der ihm fremden Umgebung zurechtzufinden. Ausgehend von diesem Szenario wurde zunächst theoretisch evaluiert, welche Anteile des Reinforcement Learning sich mithilfe von quantengestützten Verfahren berechnen lassen, und welche sinnvollerweise, aber auch notwendigerweise mit klassischen Verfahren vorverarbeitet werden müssen.
Die Umsetzung erfolgte in der simulierten Umgebung mit steigender Komplexität. Hierfür entwickelten die Forschenden Algorithmen für parametrisierbare Quantenschaltkreise, die etwa die Berechnung neuer Trajektorienziele mit Qubits ermöglichen. Dabei zeigte sich, dass sich mithilfe der Quantenschaltkreise äquivalente Ergebnisse wie mit klassischen neuronalen Netzen erzielen lassen. Darüber hinaus deuten erste Ergebnisse darauf hin, dass sich Probleme deutlich kompakter darstellen lassen: So benötigten die Wissenschaftler zur Lösung ein und desselben Problems anstatt 2000 Parameter im neuronalen Netz nur 200 Parameter im Quantenschaltkreis. „Mit QINROS ist es uns erstmalig gelungen, quantenmaschinelle Lernverfahren für Roboterverhalten in einer simulierten Umgebung zu demonstrieren und so die Leistungsfähigkeit parametrisierbarer Quantenschaltkreise in einem Anwendungsfall der Weltraumrobotik darzustellen“, sagt Frank Kirchner.
DFKI / JOL