Rund sechs bis acht Monate dauert ein Flug von der Erde zum Mars, wenn die Distanz zwischen den beiden Umlaufbahnen gering ist. Aufgrund der langen und teuren Anreise ist es für Raumfahrtmissionen entscheidend, dass alle technischen Geräte vor Ort reibungslos funktionieren. Wissenschaftler des Technologie-Zentrums Informatik und Informationstechnik (TZI) der Universität Bremen unter Leitung von Gabriel Zachmann entwickeln daher zurzeit eine detailgetreue Simulation von vierzig Quadratkilometern Mars-Oberfläche. Darüber hinaus ermöglichen sie es mehreren Forschergruppen, in dieser virtuellen Welt die Zusammenarbeit von Weltraumrobotern in Schwärmen zu erproben.
Abb.: Das Valles Marineris, aufgenommen von der Raumsonde Mars Odyssey (Bild: NASA / JPL-Caltech / Arizona State U.)
Die Entwicklung der Simulation erfolgt im Rahmen des Projekts VaMEx-VTB. Die Abkürzung steht für „Valles Marineris Explorer – Virtual TestBed“ – dabei handelt es sich um eine vorbereitende Missionsstudie mit dem Ziel, in einer zukünftigen VaMEx-Raumfahrtmission die „Mariner-Täler“ auf dem Mars zu untersuchen. Sie bilden mit einer Ausdehnung von 4000 Kilometern und einer Tiefe von bis zu 10.000 Metern das größte Canyon-Geflecht des Sonnensystems. Gleichzeitig bergen sie möglicherweise Hinweise auf Rohstoffe oder auf extraterrestrisches Leben, denn die Bedingungen für die Entstehung von Mikroorganismen könnten zumindest in der Vergangenheit – als der Mars klimatisch noch weniger lebensfeindlich war – gut gewesen sein.
Zu finden sind solche Hinweise am ehesten in den geschützten Nischen des Canyon-Systems, also an den schwer zugänglichen Stellen. Die Umsetzungspartner der VaMEx-Initiative des DLR-Raumfahrtmanagements entwickeln dafür einen ganzen Schwarm unterschiedlicher Robotertypen, die sich gegenseitig ergänzen, indem sie sich beispielsweise laufend, fahrend oder fliegend fortbewegen. Der realitätsnahe Test dieser Zusammenarbeit ist allerdings auf der Erde schwierig, weil die Umweltbedingungen hier stark abweichen. Die TZI-Wissenschaftler bauen daher nicht nur einen großen Abschnitt der Marslandschaft virtuell nach, sondern programmieren auch Schnittstellen zu den Systemen der Roboter, die von den Projektpartnern entwickelt wurden. So können die Teilnehmer ihre Technologien für den Mars testen, ohne hinreisen zu müssen.
Eine Herausforderung des Projekts VaMEx-VTB besteht in der Verarbeitung der enormen Datenmengen, die für die realitätsnahe Darstellung der vierzig Quadratkilometer Mars-Oberfläche – auf Basis eines Scans der NASA – erforderlich sind. Ebenfalls komplex ist die Einbindung vieler unterschiedlicher Robotersysteme, damit sie in Echtzeit im System interagieren können. „Der Schwarm muss sich autonom organisieren“, erklärt Zachmann. Die Simulation soll nicht nur als Desktop-Anwendung entwickelt werden, sondern auch als Virtual-Reality-Version. So können die Projektteilnehmer mit Hilfe einer Virtual-Reality-Brille noch realer in das Szenario einsteigen.
TZI / DE