Robuste Hochleistungs-Datenspeicher durch magnetische Anisotropie

Spin-Gitter-Wechselwirkung hebt die Wärmeausdehnung des Kristallgitters in Eisen-Platin-Dünnschichten auf.

Die neueste Generation von Festplatten­laufwerken besteht aus magnetischen Dünn­schichten, die zu den Invar-Materialien zählen und eine extrem robuste und hohe Daten­speicher­dichte ermöglichen. Durch lokales Erhitzen mit einem Laser können winzige Nanodomänen beschrieben werden (Heat-assisted magnetic recording HAMR). Dabei dehnen sich solche Invar-Materialien trotz Erhitzung kaum aus. Ein relevantes Material für HAMR-Daten­speicher sind Dünn­schichten aus Eisen-Platin-Nanokörnern. Ein internationales Forscherteam hat jetzt experimentell beobachtet, wie in diesen Eisen-Platin-Dünn­schichten eine besondere Spin-Gitter-Wechsel­wirkung die Wärme­ausdehnung des Kristall­gitters aufhebt.

Abb.: Zwei Laserpulse treffen in kurzem zeitlichen Abstand auf den Dünnfilm...
Abb.: Zwei Laserpulse treffen in kurzem zeitlichen Abstand auf den Dünnfilm aus Eisen-Platin-Nanokörnchen. Der erste Puls zerstört die Spinordnung, der zweite regt die nun unmagnetisierte Probe an. Ein Röntgenpuls ermittelt im Anschluss, wie sich das Gitter ausdehnt oder kontrahiert. (Bild: M. Bargheer, U. Potsdam)

Im thermischen Gleichgewicht gehört Eisen-Platin (FePt) zur Klasse der Invar-Materialien, die sich bei Erhitzung kaum ausdehnen. Dieses Phänomen ist schon im Jahr 1897 bei der Nickel-Eisen Legierung Invar beobachtet worden, aber erst seit wenigen Jahren verstehen die Wissen­schaftler, wie es zustande kommt. Normaler­weise führt Erwärmung von Festkörpern zu Gitter­schwingungen, die eine Ausdehnung bewirken, weil die vibrierenden Atome mehr Platz brauchen. Erstaunlicher­weise führt das Erwärmen der Spins in FePt aber zum gegen­teiligen Effekt: Je wärmer die Spins sind, desto stärker zieht sich das Material entlang der Magneti­sierungs­richtung zusammen. Das Resultat ist die von Invar bekannte Eigen­schaft: eine minimale Ausdehnung.

Dieses faszinierende Phänomen hat jetzt das Team um Matias Bargheer von der Uni Potsdam und dem Helmholtz-Zentrum Berlin erstmals an unter­schied­lichen Eisen-Platin-Dünnschichten experimentell verglichen. Gemeinsam mit Kollegen aus Lyon, Brno und Chemnitz untersucht Bargheer, wie sich das Verhalten von perfekt kristallinen FePt-Schichten von den FePt-Dünnschichten unterscheidet, die für HAMR-Speicher verwendet werden. Diese bestehen aus kristallinen Nanokörnern aus über­einander gestapelten einatomaren Lagen von Eisen und Platin, die in eine Matrix aus Kohlenstoff eingebettet sind.

Mit zwei kurz aufeinander folgenden Laserpulsen wurden die Proben lokal erhitzt und angeregt, um anschließend durch Röntgen­beugung zu messen, wie stark sich das Kristallgitter lokal ausdehnt oder kontrahiert. „Wir waren überrascht, dass sich die kontinuier­lichen kristallinen Schichten ausdehnen, wenn man sie kurz mit Laserlicht erhitzt, während sich lose angeordnete Nanokörner in der gleichen Kristall­orientierung zusammen­ziehen“, erklärt Bargheer. „Für die HAMR-Datenspeicher werden dagegen Nanokörner verwendet, die in eine Matrix aus Kohlenstoff eingebettet sind und auf einem Substrat fest­gewachsen sind. Die reagieren viel schwächer auf die Laser­anregung und ziehen sich erst etwas zusammen und dehnen sich dann etwas aus.“

„Wir haben durch diese Experimente mit ultrakurzen Röntgen­pulsen fest­stellen können, wie wichtig die Morphologie, also der genaue Aufbau solcher Dünn­schichten ist“, sagt Team-Mitglied Alexander von Reppert. Das Geheimnis ist die die „Poisson-Effekt“ genannte Quer­kontraktion. „Das kennt jeder, der schon einmal fest auf einen Radier­gummi gedrückt hat“, sagt Bargheer. „Das Gummi wird in der Mitte dicker.“ Und von Reppert ergänzt: „Das können die Nanoteilchen auch, während beim perfekten Film kein Platz zur Ausdehnung in der Filmebene ist, die aber für eine spin­getriebene Kontraktion senkrecht zum Film benötigt wird.“ FePt ist also ein ganz besonderes Material. Es hat nicht nur außer­ge­wöhnlich robuste magnetische Eigen­schaften. Seine thermo­mecha­nischen Eigen­schaften verhindern auch, dass bei Erhitzung zu starke Verspannungen entstehen, die das Material zerstören würden - und das ist für HAMR wichtig.

HZB / RK

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