11.11.2015

Röntgenstrahlen auf krummen Wegen

Röntgen-Lichtleiter mit großen Ablenkungswinkeln entwickelt.

Röntgenstrahlen besitzen eine nur geringe Wechsel­wirkung mit der sie umgebenden Materie. Sie durchdringen daher die meisten Grenz­flächen und Körper ohne nennens­werte Abweichung von ihrem geraden Weg. Daher fehlen geeignete Mittel, um einen Röntgen­strahl auch auf krumme Wege zu leiten, beispiels­weise um den Strahl zu einer bestimmten Stelle zu trans­portieren. Forscher der Uni Göttingen haben nun gezeigt, dass sich auch Röntgen­licht durch gekrümmte Richt­licht­leiter „um die Ecke“ führen lässt.

Abb.: Geometrie des Experimentes, bei dem ein miniaturisierter Kanal in einer Metallschicht als Röntgenlichtleiter wirkt. Der Strahl breitet sich entlang des gekrümmten Kanals aus und kann so in seiner Richtung verändert werden. Die Kanalbreite beträgt 1/10.000 Millimeter. (Bild: T. Salditt, U. Göttingen / A. Rehfeldt, az-design)

Bislang gingen die Wissenschaftler davon aus, dass ein kritischer Winkel mit material­abhängigen Werten im Bereich von wenigen hundertstel Grad die möglichen Ablenkungs­winkel begrenzt. „In unserem Experiment mit hoch­brillanter Röntgen­strahlung am Elektronen­synchrotron DESY in Hamburg und der Europäischen Synchrotron-Strahlungs­quelle in Grenoble konnten wir das Röntgen­licht in einem fünf Milli­meter langen Licht­leiter mit Ablenkungs­winkeln von bis zu dreißig Grad trans­portieren, weit mehr, als man für viele neue Anwendungen bräuchte“, erklärt Tim Salditt von der Uni Göttingen. Ohne Licht­leiter kommen viele Anwendungen besonders in der medizinischen Bild­gebung und für industrielle Prüf­verfahren nicht mehr aus: ob Endo­skopie in der Medizin, inter­fero­metrische Vermessung von Objekten, Tele­kommunikation oder quanten­optische Grund­lagen­experimente.

„Unsere Röntgen-Lichtleiter bestehen aus winzigen luft­gefüllten Kanälen in einer Metall­schicht, die auf einem Silizium­chip aufge­bracht wurde“, so Salditt. „Die Röntgen­strahlung wurde dabei in die offene Stirn­seite der Kanäle einge­koppelt und breitete sich entlang der auf Kreis­linien angeordneten Kanäle aus. Die Funktions­weise dieser Wellen­leiter beruht auf der speziellen Anpassung des Lichts auf die gekrümmte Kanal­form.“ So gehen die Forscher davon aus, dass man mit solchen Kanälen in Zukunft kurze Röntgen­pulse teilen und wieder zusammen­führen könnte, um zum Beispiel die Puls­dauer von Röntgen­lasern zu vermessen, deren Blitze kürzer als eine Billionstel Sekunde leuchten. Auch holo­grafische Röntgen­abbildungen mit mehreren Teil­strahlen ließen sich durch Nutzung dieser Licht­leiter realisieren.

GAU / RK

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