27.02.2012

Röntgenstrahlung aus Helium

Physiker der Universität Jena entwickeln kompakte Strahlungsquelle für Röntgenpulse.

Sie gehören zu den größten technischen Anlagen, die zu Forschungszwecken gebaut werden: riesige Teilchenbeschleuniger, durch deren kilometerlange Bahnen winzige Materiebausteine wie Protonen und Elektronen auf nahezu Lichtgeschwindigkeit beschleunigt werden und so Strahlung erzeugen. An den leistungsstarken Beschleunigern, etwa im Hamburger Desy, erforschen Wissenschaftler u. a. wie man laserartige Röntgenstrahlung erhalten kann. Die Nachfrage nach Forschungszeit an den Großanlagen ist immens und die Messperioden für die Wissenschaftler aus aller Welt daher eng begrenzt.

Abb.: Michael Schnell von der Uni Jena arbeitet am Jeti-Laser („Jena-Titan-Saphir-Laser“), an dem die Experimente durchgeführt wurden (Bild: J.-P. Kasper/FSU)

Physiker der Friedrich-Schiller-Universität Jena und des Jenaer Helmholtz-Instituts verfolgen mit Kollegen der Universität Düsseldorf deshalb einen anderen Ansatz: Sie entwickeln intensive Röntgenstrahlungsquellen im Labormaßstab. Wie die Forscher zeigen konnten, führt auch die Wechselwirkung ultrakurzer Laserpulse mit einem Gasstrahl zur Freisetzung intensiver Röntgenstrahlung.

„Uns geht es allerdings nicht darum, den großen Beschleunigern Konkurrenz zu machen“, sagt Christian Spielmann von der Universität Jena. Vielmehr sei die Entwicklung kompakter Röntgenquellen ein komplementärer Ansatz. „Denn nicht alle Forschungsfragen lassen sich mit den großen Beschleunigern beantworten“, so Spielmann. Die im Labor erzeugten Röntgenpulse sind sehr kurz und perfekt zu einem sichtbaren Laserpuls synchronisiert. Beides sind „wichtige Voraussetzungen für die zeitaufgelöste Röntgenabsorptionsspektroskopie auf der atomaren Zeitskala“, stellt Spielmann fest.

Ihre Experimente haben die Jenaer Forscher am „Jeti“-Laser der Universität durchgeführt. Jeti steht für Jena-Titan-Saphir-Laser. Der Laser sendet jeweils nur wenige Femtosekunden dauernde Pulse aus, die auf Heliumgas treffen. Dabei werden die Elektronen aus den Heliumatomen gerissen, organisieren sich zu Bündeln und fangen an zu schwingen. Diese beschleunigte Bewegung der Elektronen und die daraus resultierende Röntgenstrahlung haben die Wissenschaftler umfassend charakterisiert. So konnten sie beispielsweise zeigen, dass jeder einzelne Puls des Jeti etwa eine Million harte Röntgen-Photonen erzeugt. Die Größe der Röntgenquelle liegt im Bereich von zwei Mikrometer. „Daraus resultieren sehr intensive Röntgenpulse, die sich künftig in der zeitaufgelösten Laserspektroskopie anwenden lassen“, hofft Spielmann.

Mit diesem hochauflösenden Verfahren lassen sich elementare Vorgänge, wie die Bewegung von Atomen in Molekülen oder Festkörpern, in Echtzeit abbilden. Allerdings hatte schon Ernst Abbe Ende des 19. Jahrhunderts theoretisch gezeigt, dass der halbe Wert der Wellenlänge der Strahlung dabei nicht größer sein darf, als die kleinsten Abmessungen der Strukturen, die man betrachten möchte. „Die exakte Position von Atomen lässt sich daher mit sichtbarem Licht nicht abbilden. Mit Röntgenstrahlung, die kurzwelliger ist als sichtbares Licht, dagegen schon“, so der Jenaer Physiker. Neben einer Anwendung in der Grundlagenforschung könnten die neuen Röntgenquellen, deren Auflösung weit besser sein wird als bei aktuellen Geräten, künftig auch in der Medizin zum Einsatz kommen.

U. Jena / PH

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