Rot-Grün gegen Gebühren
Die Pläne mehrerer unionsgeführter Bundesländer zur Einführung von Studiengebühren stoßen bei SPD und Grünen auf breite Ablehnung.
Rot-Grün gegen Gebühren
Berlin (dpa) - Die Pläne mehrerer unionsgeführter Bundesländer zur Einführung von Studiengebühren sind bei SPD und Grünen auf breite Ablehnung gestoßen. Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD) sagte der «Berliner Zeitung» (Dienstag), damit würden junge Menschen vom Studium abgeschreckt. Auch die Grünen-Vorsitzende Angelika Beer bekräftigte am Montag in Berlin, ihre Partei lehne generelle Gebühren für das Erststudium ab.
Hamburgs Wissenschaftssenator Jörg Dräger (parteilos) arbeitet in Absprache mit anderen unionsregierten Ländern an einem Konzept, das Studiengebühren von jährlich 1000 Euro vorsieht. Die bildungspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Fraktion, Katherina Reiche, erklärte, Studienbeiträge könnten die Studienqualität steigern. Baden-Württembergs Wissenschaftsminister Peter Frankenberg (CDU) ergänzte: «Von ihren Gebühren werden die Studierenden mithin selbst profitieren.»
Allerdings stößt das Vorhaben auch in einigen CDU-geführten Landesregierungen auf Skepsis. Sachsens Wissenschaftsministerium sprach sich in einer dpa-Umfrage dafür aus, dass das Erststudium gebührenfrei bleiben solle. Der saarländische Regierungssprecher Udo Recktenwald betonte, er wisse nichts davon, dass Dräger im Auftrag aller Unions-Länder arbeite. Während aus den SPD-geführten Ländern weitgehende Ablehnung kam, hieß es aus Sachsen-Anhalt und Thüringen, man wolle zunächst die Entscheidung des Bundesverfassungsgericht abwarten.
Sechs Bundesländer hatten im vergangenen Jahr in Karlsruhe gegen das vom Bund erlassene Studiengebühren-Verbot geklagt, weil sie darin einen unrechtmäßigen Eingriff in die Zuständigkeit der Länder sehen. Nachdem das Verfassungsgericht in der vergangenen Woche bereits die Juniorprofessur gestoppt hatte, gibt es in der Regierungskoalition Befürchtungen, dass nun auch das Gebührenverbot fällt.
«Ich rechne nach dem Urteil der letzten Woche damit», sagte die Grünen-Fraktionschefin Krista Sager der «Berliner Zeitung» (Montag). Sie empfahl, Vorkehrungen für eine Schadensbegrenzung zu treffen. Bulmahn sieht hingegen keinen Handlungsbedarf: «Es ist müßig, über ein Urteil zu spekulieren, dass es noch gar nicht gibt.»
In vielen europäischen Nachbarländern sind Studiengebühren seit Jahren üblich. So sind etwa in Großbritannien bis zu 4300 Euro pro Jahr fällig, in Spanien werden maximal 1400 Euro verlangt, und die niederländischen Studenten müssen jährlich bis zu 1500 Euro zahlen.
Reiche betonte, die dortigen Erfahrungen zeigten, dass die Studierenden-Zahlen durch Studiengebühren nicht sinken. Dem widersprach der bildungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Jörg Tauss: «Jeder seriöse internationale Vergleich zeigt: Mit Studiengebühren werden Kinder aus unteren sozialen Schichten, aber vor allem aus dem bürgerlichen Mittelstand vom Studium abgeschreckt.»