Rote Fluoreszenz in zwei Schritten
Zweistufiger Farbwechselmechanismus bei fluoreszierenden Proteinen geklärt.
Am Anfang stand eine Beobachtung, die Wissenschaftler der Technischen Hochschule Zürich ETHZ vor zwei Jahren mit einem speziellen fluoreszierenden Protein machten, dem aus Korallen isolierten Dendra-2. Es fluoresziert grün. Mit Licht kann man die molekulare Struktur des Proteins so verändern, dass es seine Farbe zu Rot wechselt. Die Forscher fanden damals einen zweiten, neuen Weg für diesen Farbwechsel: Man regt es zuerst kurz mit einem blauen Laserpuls an und bescheint es sofort danach mit Nah-Infrarot-Licht. Dieses zweistufige Farbumschalten kann unter anderem in der Fluoreszenzmikroskopie angewandt werden, um in einem Gewebe einen dreidimensional präzise definierten Punkt, beispielsweise eine einzige Zelle, sichtbar zu machen.
Abb.: Eine veränderte Form des Proteins Eos kann mit blauem und rotem Laserlicht zum Fluoreszieren gebracht werden. Das in Rot sichtbare Protein wurde mit der neuen, veränderten Eos-Form markiert. (Bildmontage: M. A. Mohr et al. / Wiley-VCH)
Ein internationales Forscherteam unter der Leitung von Periklis Pantazis hat diesen zweistufigen Farbwechselmechanismus nun aufgeklärt. Das neue Wissen ermöglicht den Forschern, andere Proteine, die auf Licht reagieren, so zu verändern, dass auch sie in zwei Stufen angeregt werden können. Sie untersuchten die mit blauem Licht aktivierten Proteine besonders genau und konnten dabei zeigen, dass sich diese Proteine in einem angeregten Zustand befinden, der mehrere Millisekunden anhält. „Das ist verhältnismäßig lang“, erklärt Pantazis, „andere Fluoreszenzphänomene haben eine um ein Vielfaches kürzere Dauer.“
Ebenfalls konnten die Wissenschaftler zeigen, dass es sich bei diesem Zustand um ein in der Quantenchemie bekanntes Phänomen, einen Triplett-Zustand handelt. Nach rund fünf Millisekunden fällt das Farbprotein Dendra-2 wieder in seinen Grundzustand zurück. Zum Farbwechsel kommt es nur, wenn die zweite Stufe, das Bescheinen mit Nah-Infrarot-Licht, innerhalb des Triplett-Zeitfensters erfolgt. Die Lebensdauer des Triplett-Zustands hängt stark von der Stabilität des Farbproteins ab, und diese wiederum ist von der genauen Abfolge der Aminosäuren abhängig. Die Wissenschaftler veränderten daher bei Dendra-2 die Aminosäure-Sequenz an mehreren Stellen. Dasselbe machten sie bei einem weiteren fluoreszierenden Protein, Eos, das bisher nicht zweistufig angeregt werden konnte. Aus der wissenschaftlichen Literatur war bekannt, dass diese Stellen für den Triplett-Zustand zentral sind.
Bei all den neuen Proteinen maßen die Wissenschaftler die Dauer des Triplettzustands. Bei einigen der getesteten Proteinen verlängerte sich dieser Zustand markant. Auch konnten die Wissenschaftler das Eos-Protein so verändern, dass es ebenfalls zweistufig aktivierbar wurde. Dasselbe gelang ihnen bei weiteren sechs, bisher nicht zweistufig aktivierbaren Proteinen. „Die veränderten Proteine sind nicht nur erstmals zweistufig schaltbar, auch sind sie stabiler, und als Folge davon leuchten sie stärker“, sagt Manuel Mohr, Doktorand in der Gruppe von Pantazis.
Die ursprüngliche Entdeckung machten die Wissenschaftler mit einem nicht-handelsüblichen Laser. Sie verwendeten dazu Licht im Nah-Infrarot-Bereich. Mittlerweile konnten die Wissenschaftler aber zeigen, dass der Effekt auch mit handelsüblichen Rot-Lasern, wie sie in jedem Fluoreszenzmikroskop verbaut sind, zustandekommt. Das heisst, diese Konversion ist mit jedem Fluoreszenzmikroskop machbar. Sie kann in der Mikroskopie verwendet werden, um in einem Gewebe einen eng umrissenen Punkt zu markieren. Dazu lenken die Wissenschaftler einen blauen und einen roten Laserstrahl so in das Gewebe, dass sich die Strahlen an einem Punkt kreuzen. Nur in diesem Kreuzungspunkt kommt es zum Farbwechsel. „Weil weder blaues noch rotes Laserlicht toxisch wirken, eignet sich die Methode hervorragend für lebende Organismen“, sagt Pantazis. Auch Anwendungen in weiteren Mikroskopietechniken seien denkbar, darunter in der extrem hochauflösenden Mikroskopie.
„Wir wissen jetzt, wie wir photokonvertierbare Proteine so verändern, dass wir sie zweistufig schalten können“, sagt Pantazis. Dieses Wissen haben die Forscher patentieren lassen. Sie arbeiten mit Proteinexperten zusammen, um weitere, in der Mikroskopie verwendete Farbproteine entsprechend zu verändern. Kürzlich haben die Wissenschaftler Proteine so verändert, dass sie lichtgesteuert einen genaktivierenden Botenstoff abspalten lassen können, und zwar so, dass die Lichtaktivierung mit zwei Farben erfolgen kann. Forscher könnten nun ein Gewebe so mit Laser bestrahlen, dass sich ein blauer und ein roter Strahl an einem Punkt kreuzen. Damit ließen sich gezielt Gene in einer einzelnen Zelle des Gewebes aktivieren. Ausserdem lassen sich auch Proteine, die Kalzium detektieren, entsprechend verändern. Diese könnten in der 3D-Hirnkartierung eingesetzt werden.
ETHZ / JOL