13.02.2023

Rückspultaste für Quantensysteme

Universelles Rewinding-Protokoll für einzelne Photonen demonstriert.

In der Welt um uns herum folgen Prozesse einer bestimmten Zeitrichtung: Löwenzahnblüten werden zu Pusteblumen. Die Quantenwelt hält sich jedoch nicht an dieselben Regeln. Physiker der Universität Wien und des IQOQI Wien haben nun gezeigt, dass sich in bestimmten Quanten­systemen die Zeitrichtung von Prozessen umkehren lässt. Diese Demonstration eines Rewinding-Protokolls haben sie nun veröffentlicht.

 

Unser Alltag ist voll von Veränderungen, die zwar gut verstanden, aber praktisch nicht umkehrbar sind - wie zum Beispiel die Metamorphose eines Löwenzahns in eine Pusteblume. Man könnte sich jedoch vorstellen, diese Transformation Schritt für Schritt rückgängig zu machen, wenn man genau wüsste, wie sich jedes einzelne Pflanzen­molekül in der Zeit bewegt. In der Quantenwelt wird das Problem noch kniffliger: Eines der Kernprinzipien der Quanten­physik ist, dass sich Systeme allein durch Beobachtung verändern. Dies macht es selbst im Prinzip unmöglich, die Veränderung eines Systems in der Zeit zu verfolgen und den Prozess umkehrbar zu machen. Gleichzeitig eröffnen die Gesetze der Quantenmechanik aber auch neue Möglichkeiten wie universelle Rewinding-Protokolle. Diese erlauben es, Veränderungen in einem Quanten­system umzukehren, ohne zu wissen, wie diese ausgesehen haben.

In einer Kooperation zwischen der Universität Wien und dem IQOQI Wien haben Experimental­physiker unter der Leitung von Philip Walther ein solches universelles Rewinding-Protokoll erfolgreich umgesetzt, das von theoretischen Physikern um Miguel Navascués entwickelt wurde. Indem sie dieses neuartige theoretische Protokoll mit einem komplexen optischen Aufbau kombinierten, zeigte die Gruppe, dass es tatsächlich möglich ist, Veränderungen in einem Quanten­system umzukehren.

Dazu verwendeten sie ultraschnelle optische Faser­komponenten und ein Free-space-Interferometer, das als Quantenswitch angeordnet war. Es gelang ihnen, die zeitliche Entwicklung eines einzelnen Photons umzukehren, ohne zu wissen, wie sich dieses in der Zeit verändert hatte oder was dessen Anfangs- und End­zustand war. „Bemerkenswert ist, dass für dieses Protokoll nicht einmal die Art der Wechselwirkungen mit dem Quanten­system bekannt sein muss“, sagt Peter Schiansky, Erstautor der Veröffentlichung.

Ihr universelles Rewinding-Protokoll ist in seiner Laufzeit optimal effizient und kann so erweitert werden, dass es mit beliebig hoher Wahrscheinlichkeit erfolgreich ist. Der Nachweis, dass Rewinding-Protokolle in dieser allgemeinen Form existieren und diese technisch umsetzbar sind, trägt zu unserem Verständnis der grund­legenden Quanten­mechanik bei. Künftig könnten die Protokolle ein nützliches Werkzeug in Quanten­informations­technologien werden.

U. Wien / DE
 

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