28.09.2023

Ruß auf Wanderung

Bewegung von Molekülen im Reifengummi mit hoher zeitlicher Auflösung untersucht.

Forschende haben die molekulare Bewegung von Gummibestandteilen, die typischerweise in Autoreifen verwendet werden – Polybutadien und Ruß – mit der weltweit höchsten Zeitauflösung beobachtet. Die am Europäischen Röntgenlaser XFEL gewonnenen Ergebnisse zeigen die Wechselwirkung zwischen den beiden Komponenten auf atomarer Ebene und ebnet den Weg für neue Erkenntnisse zur Abnutzung von Reifengummi und zur Entwicklung langlebiger Materialien

Wissenschaftler Tokushi Sato am XFEL-Experiment in Hamburg.
Abb.: Wissenschaftler Tokushi Sato am XFEL-Experiment in Hamburg.
Quelle: European XFEL

Reifengummi enthält meist synthetischen Kautschuk wie Polybutadien sowie Nanopartikel wie Ruß, die die physikalischen Eigenschaften verbessern. Während des Fahrens wirken starke Kräfte auf den Reifen, wodurch sich seine Bestandteile gegeneinander bewegen, was zu Verschleiß und Abbau des Materials führen kann. Es ist daher wichtig, nicht nur die statische Struktur des komplexen Partikelnetzwerks von Polymer und Nanopartikeln im Reifen zu verstehen, sondern auch ihre Wechselwirkung und ihre Bewegungen, da diese die Materialeigenschaften wie Verschleiß­beständigkeit direkt beeinflussen. Da einige der molekularen Bewegungen extrem schnell ablaufen, ist für Messungen mit atomarer Auflösung die schnellstmögliche Zeitskala erforderlich. 

An der SPB/SFX-Experimentier­station am European XFEL hat ein internationales Team unter der Leitung von Forschenden der Universität Tokio, der Ibaraki Universität und von European XFEL nun die durch die Materialstruktur bedingte natürliche Molekülbewegung in Proben von Polybutadien und Ruß mit einer zeitlichen Auflösung von 890 Nanosekunden beobachtet – der bisher höchsten in solchen Studien erreichten Auflösung. Mit der kürzlich entwickelten Methode des Diffracted X-ray Blinking – zu Deutsch etwa gebeugtes Röntgen­blinken – konnte das Team gleichzeitig schnelle Veränderungen in den Polymerketten und in den zugesetzten Nanopartikeln auf atomarer Ebene nachweisen, erklärt Tokushi Sato von European XFEL.

„Wir haben eine klare Wechselwirkung zwischen Polybutadien und Ruß beobachtet, was darauf hindeutet, dass sich die Beweglichkeit des Polybutadiens je nach Art des zugesetzten Rußes deutlich unterscheidet“, so Sato. Jede Probe enthielt dabei eine andere Art von Ruß. Das Experiment zeigte, dass sich das Polybutadien in der einen Probe viel schneller auf der Oberfläche der Rußpartikel bewegt als in der anderen – was zu schlechteren Leistungs­eigenschaften dieses Materials für den Einsatz in Autoreifen führt als bei der Probe, in der die beiden Komponenten stärker gebunden sind. Die Ergebnisse könnten helfen, bessere Methoden zu finden, um den Verschleiß von Reifengummi während des Entwicklungs­prozesses im Labor zu untersuchen und so langlebigere Materialien herzustellen.

XFEL / JOL

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