28.06.2017

Satellitendaten sollen vor Vulkanausbrüchen warnen

Vulkanologen nutzen dynamische Modelle aus der Meteorologie, um den Überdruck in einer Magmakammer vorherzusagen.

Ausströmende Gase, kleine Erschütterungen der Erde oder ein Aufwölben des Untergrunds: Viele Parameter werden gemessen, um den Ausbruch eines Vulkans kurzfristig vorherzusagen, bislang allerdings vergeblich. Ein neuer Ansatz französischer Geophysiker könnte das nun ändern. Sie verknüpften Satelliten­messungen mit dynamischen Modellen, wie sie bereits für Wetter­vorhersagen und in der Klima­forschung angewandt werden. Erste Analysen an einem Vulkan­modell zeigten viel versprechende Ergebnisse.

Abb.: Aufnahmen des Okmok-Vulkans in Alaska mit einem Radarsatelliten, das Bodenbewegungen mit etwa drei Zentimeter Auflösung (Farbringe) anzeigt. (Bild: ISTerre)

Mary Grace Bato vom Institut des Sciences de la Terre in Le Bourget du Lac und ihre Kollegen fokussierten ihre Arbeit auf den Druckanstieg in einer Magma­kammer. Dieser Prozess findet vor jedem Vulkan­ausbruch statt und bietet einen der Schlüssel­parameter für eine mögliche Eruption. Direkte Druck­messungen in den mehrere Kilometer tiefen und bis zu 100 Kubik­kilometer großen Kammern sind jedoch nicht möglich. Doch bieten Messungen einer Boden­hebung über der Magma­kammer per Satellit eine Möglichkeit, auf den Druck­anstieg zurück­zuschließen.

„Die Menge an geodätischen Daten von Satelliten und Boden­stationen hat jüngst enorm zugenommen“, sagt Bato. Nun sei es die große Herausforderung, diese Daten effizient in Modelle einfließen zu lassen, um eine möglichst zeitnahe Vorhersage des Vulkan­verhaltens ermitteln zu können. Zu diesem Zweck griffen die Geophysiker auf Höhendaten des GPS-Satelliten­systems zurück, die Boden­hebungen in zeitlich kurzen Abständen fast in Echtzeit, dafür aber recht ungenau anzeigen. Weit exakter sind dagegen Messdaten von Radar­satelliten wie TanDEM-X oder der im Aufbau stehenden Sentinel-Flotte, die eine räumliche Auflösung von wenigen Metern mit einer Höhen­genauigkeit im Millimeter­bereich bieten sollen. Diese Daten stehen für eine Region jedoch nicht kontinuierlich, sondern nur während der Abtastphasen etwa alle zwei bis drei Tage zur Verfügung.

Bato und Kollegen nutzten nun ein dynamisches Modell, in das beide Datensätze einflossen. Dabei passten sie die Daten derart an, dass neue Messungen mit einem vorher­gehenden Modell abgeglichen und aktualisiert wurden. Dieses Prinzip wird bereits für Wetter­vorhersagen genutzt und lieferte nun auch für einen simulierten Vulkan mit einer zweiteiligen Magma­kammer viel versprechende Ergebnisse. So konnten die Wissenschaftler aus vorgegeben Höhen­messungen zuverlässig auf den die Boden­hebung verursachenden Druckanstieg in der Magma­kammer zurückschließen.

Zusätzlich erlaubte dieser Ansatz für die stetig optimierte Modellierung eines Vulkans Rückschlüsse auf die Flussrate der Magma­ströme im Untergrund. Mit diesen Resultaten halten es Bato und Kollegen für möglich, gefährliche Überdruck­werte zu bestimmen, die auf eine in Kürze zu erwartende Eruption des Vulkans hinweisen können. Um dieses mögliche Vorhersage­system weiter zu verfeinern, könnten in Zukunft neben den Höhen­messungen der Satelliten auch weitere Daten wie etwa Schwere­messungen von Gravimetern in das dynamische Modell einfließen.

Der Schritt von der Simulation in die Praxis bleibt dennoch eine große Herausforderung. Dazu müssen die Modelle möglichst genau an die Geologie der beobachteten Vulkane angepasst werden. Die Arbeits­gruppe bereitet dazu erste Testmessungen am Grimsvötn-Vulkan auf Island und am Okmok-Vulkan in Alaska vor. Sollte auch hier die Vorhersage des Überdrucks in der Magma­kammer gelingen, wären ein großer Schritt für ein zuverlässigeres Warn­system getan. „Wir halten es für möglich, in Zukunft Vorhersagen täglich und sogar stündlich geben zu können, genau so wie in der Wetter­vorhersage“, sagt Bato.

Jan Oliver Löfken

DE

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