18.05.2016

Sauber verschnürtes Lichtpaket

Superradianz in Quantenpunkt-Nanolasern liefert korrelierte Photonencluster.

Jeder, der schon mal auf der Autobahn im Stau stand, kennt das Phänomen der Cluster­bildung. Wenn nur genügend Autos unterwegs sind und diese mit statistisch zufällig verteilten Geschwindig­keiten fahren, dann können sich Gruppen von Autos bilden, die sich gegen­seitig ausbremsen. Damit die Autos genügend weit von­einander entfernt und gleichzeitig mit hoher Geschwindigkeit fahren, müssten sie aufeinander reagieren und in Wechsel­wirkung treten. Nicht unähnlich könnte es in Zukunft den Photonen auf den Daten­autobahnen des Internets ergehen. Schon heute läuft ein großer Teil der Daten­übertragung über Glas­faser­kabel. In diesen sind Licht­pulse unterwegs, die durch Halb­leiter­laser an den Verbindungs­stellen erzeugt werden. Jeder einzelne Licht­puls enthält viele Tausende von Photonen, deren Ankunft beim Empfänger jeweils ein Daten­bit signalisiert. In jedem Gigabit-Netz­werk wird eine Milliarde solcher Pulse pro Sekunde übertragen. Schon aus Gründen der Energie­einsparung in einem rasant wachsenden Internet wollen Forscher die Zahl der Photonen in einem Signalpuls immer mehr reduzieren.

Abb.: Teile des experimentellen Aufbaus zur Vermessung der Nanolaser-Pulse (Bild: M. Bayer, TU Dortmund)

Schon seit einigen Jahren können Physiker Lichtquellen bauen, bei denen die Lichtpulse nur noch aus wenigen, im Extremfall nur noch aus einzelnen Photonen bestehen. Dies ermöglicht nicht nur große Energie­einsparungen, sondern mit einzelnen Photonen sind auch abhör- und manipulierungs­geschützte Daten­übertragungen möglich. Hierzu entwickelt sich gerade ein neues inter­disziplinäres Gebiet der Quanten­informations­verarbeitung.

Photonen und Autofahrer mit durchgetretenem Gaspedal haben allerdings eine wichtige Gemeinsamkeit: Sie wechsel­wirken nicht mit ihresgleichen. Photonen tragen eine charakteristische Signatur ihres Erzeugungs­prozesses. Physiker aus Dortmund um Manfred Bayer können in ihren Experimenten die in Licht­pulsen auftretenden einzelnen Photonen sichtbar machen, ähnlich den einzelnen Autos im Verkehrs­strom einer Straße. Dabei verwenden sie spezielle Nanolaser, die ein Team um Sven Höfling an der Universität Würzburg herstellte.

Das Besondere an diesen Nanolasern ist, dass ihre Lichtpulse nur wenige Photonen enthalten. Theoretische Physiker um Frank Jahnke an der Universität Bremen und Professor Jan Wiersig an der Universität Magdeburg konnten zeigen, dass die Photonen eines Nanolasers, den man auf ganz schwache Licht­leistung einstellt, sich so verhalten wie Autos auf einer vollen Autobahn. Sie zeigen eine charakteristische Cluster­bildung: Kommt ein Photon, dann gibt es eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass gleich noch ein zweites oder weitere unmittelbar danach folgen. Erhöht man die Ausgangs­licht­leistung, dann entstehen zwar mehr Photonen, sie halten jedoch mehr Abstand. Und genau dies zeigen auch die Experimente in Dortmund.

Umso bemerkenswerter ist das gefundene Ergebnis. Eine Verabredung der Quellen (Atome oder Nanoemitter), welche die einzelnen Photonen aussenden, stellt eine besondere Situation dar, die Super­radianz. Im Fall von Super­radianz, wie sie in den Nanolasern aus Würzburg auftrat, zeigen die Photonen eine Bildung von Super-Clustern. Während so etwas auf der Autobahn den Verkehr total zum Erliegen bringt, rasen die Photonen weiter mit Licht­geschwindigkeit durch die Glas­fasern, allerdings in Verbünden mit ganz charakteristischen Korrelationen. Und gerade mit Korrelationen zwischen Photonen könnte man in Zukunft viel effizienter Informationen im Internet übertragen, statt mit der bisherigen Methode, in der ein ganzer Licht­puls nur ein einzelnes Bit darstellt.

U. Bremen / DE

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