Schalten mit Molekülen
Organisches Molekül kann zwei unterschiedliche Zustände dauerhaft annehmen.
Es sieht aus wie ein Kreuz mit vier exakt gleich langen Armen, in deren Schnittpunkt in der Mitte ein zentrales Atom sitzt. Sämtliche Bausteine sind in einer Ebene angeordnet, sodass das Molekül absolut plan ist. Jetzt ist es Physikern der Universität Würzburg gelungen, dieses Molekül mithilfe einer speziellen Auflage und eines elektrischen Felds so zu manipulieren, dass es zwei unterschiedliche Zustände dauerhaft annehmen kann. Damit könnte es sich als eine Art „molekularer Schalter“ für die Spintronik anbieten.
Abb.: Molekül-Schalter: Ein flaches Molekül auf einer Oberfläche aus Bismut- und Silberatomen. Das zentrale Manganatom kann seine Position verändern. (Bild: J. Kügel & M. Karolak, JMU)
„Wir haben mit einem Mangan-Phthalocyanin-Molekül gearbeitet, einem Farbstoff, der normalerweise nicht schaltbar ist“, sagt Giorgio Sangiovanni vom Institut für Theoretische Physik und Astrophysik. Um daraus dennoch einen molekularen Schalter zu konstruieren, musste Jens Kügel, Postdoc am Lehrstuhl für Experimentelle Physik II, einen Trick anwenden. Dazu brachte er das Molekül auf einer sehr speziellen metallischen Oberfläche auf, die aus Silber- und Bismutatomen aufgebaut war. Weil Bismutatome deutlich größer sind als Silberatome, ziehen sie sich dank ihrer regelmäßigen Anordnung wie niedrige Mauern über die Metalloberfläche. Unregelmäßigkeiten in dieser Struktur führen zu einem größeren Abstand zwischen zwei Bismutbereichen, die man sich als ein ausgetrocknetes Flussbett vorstellen kann. Das Mangan-Phthalocyanin-Molekül bildet dann quasi eine Brücke über dieses Flussbett.
Seine Schaltbarkeit erhält das Molekül durch einen technischen Eingriff von Kügel. Näherte er sich mit einer extrem feinen Spitze, von der ein elektrisches Feld ausging, dem Manganatom im Zentrum des Moleküls, veränderte dies seine Lage. Konkret wanderte es ein stückweit nach unten in Richtung der metallischen Oberfläche und verharrte dort außerhalb der Molekülebene dauerhaft. „Auf diese Weise nahm das Molekül zwei stabile Zustände ein, zwischen denen wir hin- und herschalten konnten“, sagt Kügel. Physikalisch gesehen bildet das Molekül durch die Lageveränderung seines zentralen Atoms ein großes magnetisches Moment aus. Aufgrund spezieller quantenphysikalischer Phänomene wirkt sich diese Lageveränderung auf das gesamte Molekül aus, was sich nach außen durch stark unterschiedliche magnetische Eigenschaften – verursacht durch den Kondo-Effekt – bemerkbar macht.
Normalerweise werden molekulare Schalter so synthetisiert, dass sie von sich aus in mehreren Zuständen stabil sind. „Wir haben jetzt gezeigt, dass man auch in nichtschaltbaren Molekülen diese Funktionalität erzeugen kann, indem man die Umgebung des Moleküls gezielt verändert“, erläutern die Forscher. Sie haben damit ein neues Konzept entwickelt, molekulare Schalter zu bauen. Dies eröffnet aus ihrer Sicht in Zukunft neue Möglichkeiten im Design molekularer Elektronik.
JMU Würzburg / JOL