Schicht um Schicht zu organischen Bauelementen
Neue Simulationsmethode soll Verhalten von Molekül bei Herstellung dünner Schichten besser vorhersagen.
Organische Bauelemente sind nicht zuletzt durch moderne Fernseher mit organischen Leuchtdioden, den OLEDs, in aller Munde. Doch die Entwicklung neuartiger und nachhaltiger Materialsysteme – von der Herstellung der benötigten Moleküle bis zur Produktion funktionierender Bauelemente – ist nach wie vor zeitaufwändig. Wissenschaftler um Denis Andrienko vom MPI für Polymerforschung und Falk May von Display Solutions bei Merck haben jetzt eine Simulationsmethode entwickelt, die die Suche nach geeigneten organischen Bauelementen wesentlich beschleunigen könnte.
Hohe Kontraste, stromsparend – das sind Eigenschaften neuartiger organischer Leuchtdioden. Bei diesen werden organische Moleküle, also Moleküle, die Kohlenstoff enthalten, eingesetzt. Doch auch andere Bauelemente, die heutzutage beispielsweise aus dem Halbleiter Silizium hergestellt werden, wie Transistoren, könnten in Zukunft durch organische Elemente ersetzt werden.
Hierbei gibt es jedoch mehrere Herausforderungen: Die Synthese der entsprechenden Moleküle, sowie nachfolgend die Herstellung von dünnen Schichten aus dem entsprechenden Material. Diese ist notwendig, da typische organische Bauelemente aus mehreren einzelnen, dünnen Lagen unterschiedlicher Materialien bestehen.
Während die elektronischen Eigenschaften neuer Moleküle vor der Synthese bereits mit entsprechenden Simulationsmethoden vorhergesagt werden können, ist die Vorhersage, wie sich das Molekül bei Herstellung dünner Schichten verhält, eine Herausforderung: Wie lagern sich mehrere Moleküle an? Zeigen sie eine relative Orientierung? Wie glatt wird die Oberfläche sein? Mit welcher Geschwindigkeit sollten die Moleküle aufgedampft werden?
Um die Herstellung der Schichten vorherzusagen, haben die Forscher einen neuartigen Ansatz verfolgt. Die Schwierigkeit bei der Simulation des Aufdampfprozesses ist, dass prinzipiell jedes einzelne Atom des zu simulierenden Moleküls betrachtet werden müsste. Um hier exakte Ergebnisse zu erhalten, sind riesige Rechenkapazitäten erforderlich: Das Molekül muss räumlich entsprechend gut im Computer dargestellt werden, um die einzelnen Atome abzubilden. Und auch zeitlich sind Zeitschritte im Bereich von zwei Femtosekunden erforderlich, um die molekularen Bewegungen entsprechend vorherzusagen.
„Damit ist auch mit heutigen Rechenkapazitäten eine solche Simulation nicht effizient realisierbar“, sagt Andrienko. „Wir haben daher einen anderen Weg gewählt: Wir schauen nicht so genau hin.“ In den Modellen, die Andrienko und sein Team benutzen, werden die Moleküle nicht bis auf die atomare Ebene dargestellt, sondern vergröbert. Diese Methode – Coarse Graining genannt – stellt also mehr einen das Molekül einhüllenden Kasten dar als das Molekül selbst.
Das beschleunigt die Simulationen immens. Zum einen muss nicht mehr räumlich so hoch aufgelöst werden, zum anderen führt die Reduktion der Freiheitsgrade zu größeren erlaubten Zeitsprüngen zwischen einzelnen Simulationsschritten. Damit kann eine Simulation in einer wesentlich kürzeren Zeit durchgeführt werden und erlaubt bereits wichtige qualitative und quantitative Aussagen über das Molekül. Im Experiment kann die Herstellung und der Test der einzelnen molekularen Filme ein Vielfaches der Zeit in Anspruch nehmen. Das Team hofft, dass die verwendete Simulationsmethodik die Herstellung neuer Bauelemente wesentlich vereinfachen und beschleunigen kann.
MPI-P / RK