Schichtentwicklung auf der Überholspur
NREL öffnet große Datenbank mit anorganischen Dünnschichtmaterialien.
Das National Renewable Energy Laboratory (NREL) des US-amerikanischen Department of Energy hat seine umfangreiche experimentelle Datenbank mit anorganischen Dünnschichtmaterialien öffentlich zugänglich gemacht. Die High Throughput Experimental Materials (HTEM) Datenbank enthält mehr als 140.000 Probeneinträge von NREL-Wissenschaftlern, die anorganische Materialien für den Einsatz in Energieanwendungen, wie z.B. Dünnschichtsolarzellen, untersuchen. Die Einträge geben Auskunft über die strukturellen, chemischen und optoelektronischen Eigenschaften der Materialien und deren Synthesebedingungen. Mehr als die Hälfte dieser Daten sind derzeit online unter htem.nrel.gov verfügbar.
Abb.: Unter dem Acronym HTEM steht dem Schichtentwickler eine Datenbank mit über 140.000 Probeneinträgen zur Orientierung zur Verfügung. (Bild NREL)
„Alle existierenden experimentellen Materialdatenbanken enthalten entweder viele Einträge oder listen alle Informationen über die Materialeigenschaften, aber nicht beides“, sagt Andriy Zakutayev, Wissenschaftler am NREL Materials Science Center, das sich der Entwicklung neuer Materialien und Geräte für Solarzellen und andere erneuerbare Energietechnologien widmet. Zakutayev und Caleb Phillips, ein Datenwissenschaftler des Computational Science Center am NREL, leiteten die neu erschienene Arbeit über die experimentelle Datengrundlage zur Erforschung anorganischer Materialien.
Bei der Arbeit an neuen Materialien synthetisieren Wissenschaftler viele Proben, aber nur ein Bruchteil dessen, was sie dabei lernen, wird jemals veröffentlicht. John Perkins, ein leitender Wissenschaftler im Materials Science Center, schätzt, dass Informationen über weniger als 10 Prozent der Proben es in eine wissenschaftliche Zeitschrift schaffen. „Wissenschaftler schreiben nur Zeitschriftenartikel über Materialien, die funktionierten“, sagte er und fügte hinzu, auch die nicht veröffentlichten Informationen könnten für die Forschung nützlich sein. „Wir glauben, dass die Veröffentlichung all dieser Daten den Fortschritt der Materialwissenschaft beschleunigen wird und insbesondere auch Forschern ohne Zugang zu teuren Versuchsgeräten – sowohl in den Vereinigten Staaten als auch auf der ganzen Welt – helfen wird", so Perkins.
Abb.: Mittels vakuumgestützter Abscheideverfahren synthetisierte Gradientenschichten liefern auf kleinstem Raum verschiedene Eigenschaften, die durch räumlich aufgelösten Charakterisierungstechniken automatisch erfasst und in der Datenbank verzeichnet werden.(Bild: NREL)
Früher fertigten Wissenschaftler jeweils eine Probe an, vermaßen deren Eigenschaften, analysierten die Daten und fertigten dann mit verändertem Parametersatz eine weitere Probe an. Aber der technologische Fortschritt insbesondere in der Computersteuerung der Depositions- und Analyseverfahren ermöglichen es, mehr Daten schneller zu sammeln. So kann heutzutage eine quadratische Dünnschichtprobe mit einer Kantenlänge von etwa 2,5 Zentimeter kann 100 Datenpunkte liefern, da sie gezielt mit Gradienten in der chemischen Zusammensetzung, der Synthesetemperatur oder der Schichtdicke hergestellt werden. „Eine solche kombinatorische Forschung systematisch über viele Jahre hinweg für verschiedene Projekte mit unterschiedlichen Zielen zu betreiben, hat die Schaffung dieser Datenbank ermöglicht“, sagte Sakutajew.
Dieses kombinatorische Hochleistungsexperiment gestattet, die Daten in großem Umfang und mit hoher Geschwindigkeit zu sammeln und bietet darüber hinaus auch noch die Möglichkeit, die Analyse durch maschinelles Lernen weiter zu beschleunigen.
„Wenn Sie zum Beispiel wissen wollten, wie elektrisch leitfähig eine bestimmte Kombination von chemischen Elementen sein wird, bevor Sie das Material hergestellt und vermessen haben, können Sie vielleicht den maschinellen Lernalgorithmus verwenden, um diese Menge vorherzusagen", sagt Phillips.
Abb.: Erspart viel Zeit bei der Schichtentwicklung: aus den systematisch gewonnenen Schichteigenschaften – wie zum Beispiel hier der Leitfähigkeit – wählt man den gewünschten Wert aus und schlägt die entsprechenden Abscheideparameter nach. (Bild: NREL)
Die HTEM-Datenbank basiert auf fast einem Jahrzehnt Dünnschicht-Experimenten am NREL. Auch zwar bereits veröffentlichte, aber nicht recherchierbare Daten wurden digitalisiert und in die Datenbank aufgenommen. „Die gesammelten Daten zu sichten, ordnen und in eine Form zu bringen, in der sie analysiert und verstanden werden können, ist keine triviale Aufgabe“, sagte Phillips und betonte, dass hier die zukünftigen Möglichkeiten liegen.
Jetzt nehmen Phillips, Perkins und Zakutayev an einer Zusammenarbeit zwischen NREL und dem National Institute of Standards and Technology teil, um ein Netzwerk von Hochdurchsatz-Experimentierwerkzeugen zu entwickeln, die es Forschern ermöglichen würden, virtuell an der Synthese und Analyse neuer Materialien zusammenzuarbeiten, wobei die Ergebnisse in Datenbanken wie dieser gesammelt werden. Das Pilotprojekt wurde als High-Throughput Experimental Materials Collaboratory bezeichnet.
AAA / LK