02.12.2021

Schlaues Shirt für Astronauten

Vitaldaten von Astronauten mit intelligenter Sensorik in der Kleidung ermittelt.

Der deutsche Astronaut Matthias Maurer ist nach langem Warten mit der Weltraum­mission Cosmic Kiss zur ISS aufgebrochen. An einem der Experimente vor Ort ist auch  Ulf Kulau von der Technischen Universität Hamburg beteiligt. Er hat Sensoren für ein smartes Shirt des Astronauten entwickelt, das minimale, durch den Herzschlag bedingte Brust­korb­bewegungen misst. Matthias Maurer wird das Shirt während seines Aufenthalts im All tragen und die daraus gewonnenen Daten anschließend zur Erde schicken.

 

Abb.: Astronaut Matthias Maurer (li.) zusammen mit Ulf Kulau von der TU Hamburg...
Abb.: Astronaut Matthias Maurer (li.) zusammen mit Ulf Kulau von der TU Hamburg (Bild: TU-Institut Smart Sensors)

An der TU Hamburg werden diese dann von Kulau und dem gesamten Team (DSI Aerospace Technologie GmbH, DLR Bremen, Uni Bielefeld) ausgewertet und analysiert. Ziel ist es herauszufinden, ob die Methode geeignet ist, Maurers Herz während dessen sechsmonatigen Aufenthalts auf der ISS zu beobachten und wie die Signal­verarbeitung auch unter Raumfahrt­bedingungen noch weiter in den Sensor integriert werden kann.

Das Smart Shirt ist mit zwei daumengroßen Sensoren ausgestattet, die am Herzen und an der Halsschlagader von Astronauten kleinste Bewegungen wahrnehmen können. Aus diesen sollen wichtige Herz­parameter wie der relative Blutdruck, ebenso wie die Öffnungs- und Schließ­zeiten der Herzklappen berechnet werden können. „Mit dieser Methode könnten wir zukünftig mit kleinster Technologie tiefere Einblicke in die Physiologie eines Astronauten bekommen, und so zum Beispiel die Folgen des Muskelabbaus in der Schwerelosigkeit beobachten“, erklärt Kulau. Um Erfahrungen mit der Methode auch am Körper einer Frau zu erlangen, findet das Experiment anschließend mit der italienischen Astronautin Samantha Cristoforetti statt, die im Frühjahr 2022 die nächste Mission auf der ISS leitet.

Die Ergebnisse des Experiments sind vor allem mit Blick auf zukünftige Gesundheits­überwachungs­systeme im Weltraum interessant. Kulaus Vision geht aber darüber hinaus. Künftig könne er sich vorstellen, dass alle Astronauten mit Sensoren ausgestattet würden, um eine Art Frühwarn­system zu entwickeln. „Vor allem bei Außeneinsätzen stehen Astronauten unter enormen Stress und erkennen im Notfall ihre eigenen körperlichen Grenzen nicht. Die Sensoren könnten Veränderungen im Herzschlag frühzeitig feststellen und dem Astronauten signalisieren ‚Mach mal eine Pause’.“

Neben dem Einsatz seiner Technologie auf der ISS hat Kulau auch schon Expeditionen in Richtung Mond und Mars im Kopf. Insbesondere bei Langzeit­missionen zu weiter entfernten Zielen ergebe sich die Herausforderung, eine umfangreiche Gesundheits­überwachung der Astronauten zu ermöglichen. Neben der langen Zeit in der Schwerelosigkeit wird eine Betreuung durch die Bodencrew auch aufgrund einer zeitlich verzögerten Kommunikation erschwert. Die Lösung könnten auch hier smarte Sensoren sein. Doch auch auf der Erde finden sich zahlreiche Einsatz­möglichkeiten der Technologie. Zum Beispiel um das Herz kranker Patienten dauerhaft zu beobachten.

Die internationale Raumstation ISS ist bereits seit 2001 im All und gilt als größtes Labor in der Schwere­losigkeit, in dem Forschung zu Astrophysik, Psychologie und Medizin stattfindet. Gleichzeitig ist die Raum­station ein Innovationsmotor für neue Technologien wie Laser­kommunikation, Robotik oder Sensorik - wie das Smart Shirt. Matthias Maurer ist der vierte deutsche Astronaut, der zur ISS fliegt. Die Crew der Mission „Cosmic Kiss“ soll etwa sechs Monate lang auf der Raumstation bleiben, um dort Experimente durchzuführen und Außen­einsätze zu absolvieren.

TU Hamburg / DE

 

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