22.12.2015

Schlechte Leitfähigkeit, aber gute dielektrische Eigenschaften

Kunststoff-Graphen-Gemisch erweist sich als High-k-Material.

Vorhersagen von Forschern der Uni Luxemburg führten unlängst zur Entdeckung eines Materials mit besonderen elektrischen Eigen­schaften, das das Interesse der Kunst­stoff­industrie weckte. Vor drei Jahren hatten die Luxem­burger Physiker das ungewöhnliche elektrische Verhalten eines bestimmten Material-Gemisches theoretisch vorher­gesagt. Diese Berechnungen konnten nun durch ein Experiment in Kooperation mit dem Centre de Recherche Paul Pascal in Bordeaux in Frankreich bestätigt werden. Sie führten zur Entdeckung eines High-k-Materials, das die Produktion besserer Energie­speicher, welche die Grundlage für kleinere, schnellere und effizientere Elektronik sind, ermöglichen könnte.

Abb.: Verbundwerkstoff aus Kunststoff und plättchenförmigem Graphen. (Bild: U Luxemburg)

Die ursprünglichen Berechnungen des Teams rund um Tanja Schilling von der Uni Luxemburg, waren zunächst keine gute Nachricht für die Werkstoff­forschung: Sie besagten, dass bestimmte Verbund­werk­stoffe aus Kunststoff und plättchen­förmigem Graphen, im Gegensatz zu solchen aus Kunststoff und stäbchen­förmigen Zusätzen wie etwa Kohlen­stoff-Nano­röhrchen, Kunststoff nicht in dem Maβe leit­fähiger machen konnte wie bis dahin allgemein angenommen. Eine damals über­raschende Aussage, die die Nutzung von Graphen,einem ultra­dünnen Kohlen­stoff­blatt zur Leit­fähigkeits­erhöhung, in Frage stellte.

Doch die Vorhersage führte jetzt zu einer erfreulichen Entdeckung: Der Effekt, der die Leit­fähigkeit des Kunst­stoff-Graphen-Gemisches in Frage stellt, führt nämlich dazu, dass es überaus gute dielek­trische Fähig­keiten besitzt. Das bedeutet, dass man darin ein starkes elektrisches Feld erzeugen kann – die grund­legende Eigen­schaft, um effiziente Konden­satoren herzustellen. Es handelt sich hier um winzige Bauelemente, die Energie statisch speichern können und in nahezu allen elektro­nischen Geräten vorkommen, wo sie unter anderem als Spannungs­regulatoren oder Informations­speicher gebraucht werden. Milliarden von ihnen stecken etwa in Computern.

„Materialien mit hoher Dielektrizitäts­konstante, High-k-Materialien genannt, sind begehrt“, so Schilling. Die außer­gewöhnlichen dielek­trischen Fähig­keiten des Material-Gemisches entstehen dadurch, dass seine flüssig-kristallinen Eigen­schaften eine strom­durch­lässige Anordnung der leit­fähigen Graphen­plättchen erschwert. In Kontakt mit Strom fließt dieser also nicht direkt durch das Gemisch, sondern es entsteht zunächst ein starkes elektrisches Feld. Während bei anderen Verbund­werk­stoffen der strom­durch­lässige Effekt der dominante ist, stehen hier die flüssig-kristallinen Eigen­schaften im Vorder­grund und sorgen für die unerwarteten elektrischen Eigen­schaften. Das Chemie­unternehmen Solvay, Partner dieses Forschungs­projekts, will nun die Forschungen rund um dieses neue High-k-Material fortsetzen, um damit in Zukunft Kunst­stoffe für besonders effiziente Konden­satoren und weitere Anwendungen herstellen zu können.

U. Luxemburg / RK

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