Schlechte Leitfähigkeit, aber gute dielektrische Eigenschaften
Kunststoff-Graphen-Gemisch erweist sich als High-k-Material.
Vorhersagen von Forschern der Uni Luxemburg führten unlängst zur Entdeckung eines Materials mit besonderen elektrischen Eigenschaften, das das Interesse der Kunststoffindustrie weckte. Vor drei Jahren hatten die Luxemburger Physiker das ungewöhnliche elektrische Verhalten eines bestimmten Material-Gemisches theoretisch vorhergesagt. Diese Berechnungen konnten nun durch ein Experiment in Kooperation mit dem Centre de Recherche Paul Pascal in Bordeaux in Frankreich bestätigt werden. Sie führten zur Entdeckung eines High-k-Materials, das die Produktion besserer Energiespeicher, welche die Grundlage für kleinere, schnellere und effizientere Elektronik sind, ermöglichen könnte.
Abb.: Verbundwerkstoff aus Kunststoff und plättchenförmigem Graphen. (Bild: U Luxemburg)
Die ursprünglichen Berechnungen des Teams rund um Tanja Schilling von der Uni Luxemburg, waren zunächst keine gute Nachricht für die Werkstoffforschung: Sie besagten, dass bestimmte Verbundwerkstoffe aus Kunststoff und plättchenförmigem Graphen, im Gegensatz zu solchen aus Kunststoff und stäbchenförmigen Zusätzen wie etwa Kohlenstoff-Nanoröhrchen, Kunststoff nicht in dem Maβe leitfähiger machen konnte wie bis dahin allgemein angenommen. Eine damals überraschende Aussage, die die Nutzung von Graphen,einem ultradünnen Kohlenstoffblatt zur Leitfähigkeitserhöhung, in Frage stellte.
Doch die Vorhersage führte jetzt zu einer erfreulichen Entdeckung: Der Effekt, der die Leitfähigkeit des Kunststoff-Graphen-Gemisches in Frage stellt, führt nämlich dazu, dass es überaus gute dielektrische Fähigkeiten besitzt. Das bedeutet, dass man darin ein starkes elektrisches Feld erzeugen kann – die grundlegende Eigenschaft, um effiziente Kondensatoren herzustellen. Es handelt sich hier um winzige Bauelemente, die Energie statisch speichern können und in nahezu allen elektronischen Geräten vorkommen, wo sie unter anderem als Spannungsregulatoren oder Informationsspeicher gebraucht werden. Milliarden von ihnen stecken etwa in Computern.
„Materialien mit hoher Dielektrizitätskonstante, High-k-Materialien genannt, sind begehrt“, so Schilling. Die außergewöhnlichen dielektrischen Fähigkeiten des Material-Gemisches entstehen dadurch, dass seine flüssig-kristallinen Eigenschaften eine stromdurchlässige Anordnung der leitfähigen Graphenplättchen erschwert. In Kontakt mit Strom fließt dieser also nicht direkt durch das Gemisch, sondern es entsteht zunächst ein starkes elektrisches Feld. Während bei anderen Verbundwerkstoffen der stromdurchlässige Effekt der dominante ist, stehen hier die flüssig-kristallinen Eigenschaften im Vordergrund und sorgen für die unerwarteten elektrischen Eigenschaften. Das Chemieunternehmen Solvay, Partner dieses Forschungsprojekts, will nun die Forschungen rund um dieses neue High-k-Material fortsetzen, um damit in Zukunft Kunststoffe für besonders effiziente Kondensatoren und weitere Anwendungen herstellen zu können.
U. Luxemburg / RK