23.02.2015

Schnappschüsse biologischer und chemischer Prozesse

Entwicklung eines leistungsfähigeren Detektorsystems für die Forschung mit Neutronen.

Das Forschungszentrum Jülich erhält gemeinsam mit Projektpartnern aus Wissenschaft und Industrie rund vier Millionen Euro aus dem Rahmenprogramm der Europäischen Union für Forschung und Innovation Horizont 2020 zur Entwicklung eines leistungsfähigeren Detektorsystems für die Forschung mit Neutronen. Ziel des Projekts ist ein Prototyp einer neuen Generation von Detektoren, die notwendig sind, um moderne Neutronenquellen wissenschaftlich optimal nutzen zu können. Der Detektor soll rund zwanzig Mal mehr Neutronen pro Sekunde bei gleichzeitig verbesserter Ortsauflösung nachweisen können und damit erstmals ermöglichen, Schnappschüsse biologischer und chemischer Prozesse aufzunehmen.

Abb.: Dieser etwa einen Quadratmeter große herkömmliche Szintillationsdetektor im Inneren eines Neutronenstreuinstruments besitzt acht Reihen mit jeweils acht Photomultipliern. (Bild: FZ Jülich)

Neutronen werden in spezialisierten Großforschungsanlagen erzeugt und mit Streuinstrumenten auf die zu untersuchenden Proben gelenkt. Die Atomkerne der Proben lenken die Neutronen ab, die Art dieser Streuung gibt Auskünfte über die Anordnung und Bewegung der Atome in der Probe, die komplementären Methoden wie Röntgen- oder Elektronenmikroskopie verborgen bleiben. Detektoren wandeln die gestreuten Neutronen in einem mehrstufigen Prozess in elektronische Signale um.

Die Zählrate der Detektoren ist derzeit auf den unteren einstelligen Megahertz-Bereich begrenzt. Das limitiert auch die Leistungsfähigkeit der Experimente an modernen und noch mehr an zukünftigen Neutronenquellen mit hohem Neutronenfluss. Denn wenn zu viele Neutronen zu rasch nacheinander auf zu schwache Detektoren treffen, ist keine Messung möglich. Eine neue Detektortechnologie mit etwa zwanzigfach verbesserter Zählrate und weiteren Vorteilen wollen Forscher und Ingenieure des Forschungszentrums Jülich deshalb in den kommenden vier Jahren gemeinsam mit Partnern am Laboratoire Léon-Brillouin in Frankreich und der European Spallation Source in Schweden, der schwedischen Universität Lund sowie dem norwegischen Unternehmen Integrated Detector Electronics AS entwickeln.

Die Detektoren enthalten – wie bisher auch – Szintillationsmaterial, das einen schwachen Lichtblitz aussendet, wenn ein Neutron darauf trifft. Herz der neuen Technologie sind Multianoden-Photomultiplier als Ersatz für die bisher genutzten Photomultiplier. Herkömmliche Photomultiplier haben einen Durchmesser von etwa zehn Zentimetern, die zukünftigen nur von etwa fünf Millimetern. Dadurch lassen sich etwa hundertmal mehr Sensoren pro Fläche unterbringen, wodurch sich Zählrate und Auflösung der Detektoren verbessern.

„Projektziel ist ein Prototyp, der an der im Bau befindlichen European Spallation Source seine Überlegenheit unter Beweis stellen soll“, erläutert Sebastian Jaksch, Projektkoordinator am Jülich Centre for Neutron Science (JCNS). Die ESS soll ab 2019 etwa 30 Mal mehr Neutronen produzieren als heutige Anlagen. Dadurch reichen schon ganz kurze Neutronenblitze, um Daten zu gewinnen. So lassen sich kleinere Probenmengen und schnellere Prozesse untersuchen. Ähnlich wie mit einem Stroboskoplicht lassen sich Schnappschüsse winziger Bewegungen aufnehmen und zu einem Film zusammensetzen, zum Beispiel die Aggregation von organischen Molekülen oder chemische Reaktionen.

Der Detektor wird in modularer Bauweise entwickelt, was zwei große Vorteile hat: Erstens lässt sich die Technologie leicht für verschiedene Experimente anpassen, bei denen je nach Zielsetzung Detektorflächen von wenigen Quadratzentimetern bis zu mehreren Quadratmetern benötigt werden. Außerdem können defekte Flächen innerhalb weniger Tage ausgetauscht werden, wohingegen Reparaturen heutiger Detektoren bis zu mehrere Monate dauern können. Ein weiterer Vorteil der Technologie ist, dass sie ohne den Einsatz von teurem Helium-3 auskommt. Dieses auf der Erde seltene Gas ist nur aufwändig zu gewinnen und wird in steigendem Maße für andere Zwecke benötigt. Da sich Szintillationsdetektoren grundsätzlich für eine weite Bandbreite von Anwendungen eignen, etwa für bildgebende Verfahren in Medizin und Technik, untersucht das Projekt auch solche Einsatzmöglichkeiten.

FZJ / RK

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