25.08.2005

Schneller Erdkern

Der innere Kern der Erde rotiert schneller als Erdmantel und Erdkruste.




Der innere Kern der Erde rotiert pro Jahr um 0,3 bis 0,5 Grad schneller als Erdmantel und Erdkruste. Zu diesem Schluss kommt jetzt ein internationales Forscherteam auf Grund seismologischer Beobachtungen. Erste Hinweise auf eine solche "Superrotation" des Erdkerns hatte es bereits vor einem Jahrzehnt gegeben, doch bislang waren diese Ergebnisse umstritten. Die jetzt im Fachblatt "Science" veröffentlichte Arbeit könnte den Streit um den schnellen Erdkern beenden.

Im Gegensatz zu früheren Untersuchungen nutzen Jian Zhang vom Lamont-Doherty Earth Observatory der Columbia University in Palisades, New York, und seine Kollegen Dubletten nahezu identischer Erdbeben, um zeitliche Veränderungen im Inneren der Erde aufzuspüren. Dadurch, so die Forscher, lassen sich Fehlerquellen wie eine unterschiedliche Lokation der Erdbebenquellen vermeiden. Zhang und Kollegen werteten die Daten von 18 solcher Dubletten-Erdbeben in der Region der Südantillen aus, deren zeitliche Abstände bis zu 35 Jahren betragen und deren seismologische Wellen von bis zu 58 Stationen in und um Alaska registriert worden waren.

1996 hatten die ebenfalls am Lamont-Doherty Earth Observatory tätigen Geophysiker Xiaodong Song und Paul Richards - ebenfalls anhand von Erdbeben in der Südantillen-Region -behauptet, dass die zeitliche Differenz zwischen Signalen, die gerade am Rand des inneren Kerns vorbei gelaufen sind ("BC") und solchen, die den inneren Kern durchquert haben ("DF"), im Zeitraum von 1967 bis 1995 um 0,3 Sekunden zugenommen habe. Die beiden Forscher interpretierten diese Änderung als Zeichen einer gegenüber Mantel und Kruste schnelleren Rotation des Erdkerns. Während eine Reihe weiterer Analysen diesen Befund zu bestätigen schienen, konnten andere Wissenschaftler keine solche Änderung der Zeitdifferenz zwischen den Signalen finden.

Abb1: Ausbreitung der longitudinalen Erdbebenwellen (PKP) durch den äußeren (AB, BC) und inneren (DF) Erdkern. Quelle: Science/Zhang et al.


Eine mögliche Fehlerquelle bei derartigen Untersuchungen ist die Unsicherheit über den exakten Ort des Erdbebens. Diesen Fehler glauben Zhang und sein Team nun durch die Verwendung von Dubletten ausgeschaltet zu haben: Wenn die seismischen Wellenformen nahezu identisch sind, so argumentieren die Wissenschaftler, dann müssen sie am gleichen Ort entstanden und identische Wege durch die Erde hindurch zurückgelegt haben.

Bei der Analyse der 18 Dubletten zeigte sich, dass für Erdbeben, die mehr als sieben Jahre auseinander liegen, eine deutliche Verschiebung des durch den inneren Kern hindurch gegangenen DF-Anteils auftritt: Im Gegensatz zu den nur durch den äußeren Kern gelaufenen AB- und BC-Signalen lassen sich die DF-Signale der beiden Beben nicht mehr exakt zur Deckung bringen.

Abb 2. Beispiel für die Überlagerung der Signale zweier nahezu identischer Erdbeben. Im Gegensatz zu den nur durch den äußeren Kern gelaufenen Signalen BC und AB zeigen die durch den inneren Kern gelaufenen Signale DF eine leichte zeitliche Verschiebung zueinander. Quelle: Science/Zhang et al.


Zhang und seine Kollegen sehen dies als bislang stärkstes Indiz dafür, dass sich die Ausbreitungsgeschwindigkeit für Erdbebenwellen im inneren Erdkern im Laufe der Zeit geändert hat. Und die wahrscheinlichste Erklärung dafür wäre eine differentielle Rotation des Kerns gegenüber Mantel und Kruste. Die größte Herausforderung sehen die Forscher nun in einer genauen Bestimmung des räumlichen Verlaufs der zeitlichen Änderung der Ausbreitungsgeschwindigkeit für die Erdbebenwellen im Inneren des Erdkerns: Nur dadurch lasse sich die Rotation des Kerns exakt bestimmen.


Rainer Kayser


Weitere Infos:

Weitere Literatur:

  • X. Song und P. G. Richards, "Seismological evidence for differential rotation of the Earth's inner core ", Nature 382, 221 (1996)  
  • X. Song, "Joint inversion for inner core rotation, inner core anisotropy, and mantle heterogeneity", Journal of Geophysical Research 105, 7931 (2000)
    A. Souriau, "Earth Inner Core: Is the Rotation Real?", Science 281, 55 (1998)

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