Protonen transportieren positive Ladungen in Wasser schneller als alle anderen positiv geladenen Ionen. Dieses Phänomen beschrieb bereits vor zweihundert Jahren der deutsch-litauische Naturforscher Theodor von Grotthuß. Jetzt gelang es einer Forschergruppe am kalifornischen Lawrence Livermore National Laboratory, diesen Grotthuß-Mechanismus mit einer Kette aus Wassermolekülen genauer zu analysieren. Eingesperrt in ein Nanoröhrchen aus Kohlenstoff bildeten die aufgereihten Wassermoleküle künstliche Kanäle mit einer beschleunigten Protonenleitung, die für bessere Membranen von Brennstoffzellen genutzt werden könnte.
Abb.: Eine eindimensionale Kette aus Wassermolekülen – eingesperrt in ein Nanoröhrchen aus Kohlenstoff – leitet Protonen ungewöhnlich schnell. (Bild: A. Noy et al., LLNL)
„Dieser Ansatz bringt uns einen Schritt näher zu künstlichen Kanälen, die auch biologische Funktionen übernehmen können“, sagt LLNL-Forscher Alexander Noy. Mit seinen Kollegen nutzte er dazu einwandige Nanoröhrchen aus Kohlenstoff. Diese lagerten die Forscher in einer Matrix aus Lipiden und Wasser. Etwa eine Stunde setzten sie diese Matrix Ultraschallwellen aus. Dabei wanderten Wassermoleküle in die Nanoröhrchen mit nur 0,7 Nanometer Innendurchmesser und bildeten eine eindimensionale Kette. Dickere Nanoröhrchen mit 1,5 Nanometer Durchmesser dagegen boten bereits zu viel Raum, so dass sich ein dreidimensionales Netzwerk aus Wassermolekülen ausbildete. Ausrichtung und Füllung der Nanoröhrchen ließen sich über Fluoreszenzaufnahmen und mit einem Transmissionselektronenmikroskop kontrollieren.
Um die Geschwindigkeit des Protonentransports zu messen, bestimmten Noy und seine Kollegen die Durchlässigkeit der Nanoröhrchen für positive Ladungsträger. In der äußeren Lipid-Matrix lag dazu ein etwas höherer pH-Wert (7,51) vor als im Röhrchen (pH 6,9). Dank dieses Gradienten kam es zu einem Protonentransport, der über den zugegebenen fluoreszierenden Farbstoff Pyranin analysiert werden konnte. Die Auswertung der sich verändernden Fluoreszenz-Intensität zeigte eine Protonenleitfähigkeit von 9,2 × 10-8 Siemens pro Zentimeter. Dieser Wert lag um eine Größenordnung über der Protonen-Leitfähigkeit von Wasser im makroskopischen Maßstab bei gleichem pH-Wert.
Mit diesem Experiment belegten die Forscher, dass eine eindimensionale Kette aus Wassermolekülen Protonen besser transportieren kann als ein komplexes Molekülnetzwerk. Verantwortlich dafür ist der in eine Richtung ausgeprägte Grotthuß-Mechanismus, bei dem sich sukzessive Wasserstoffbrückenbindungen lösen und wieder neu verknüpfen. Ein weiterer Versuch zeigte, dass sich dieser Protonentransport in einer Umgebung mit Calcium-Ionen kontrollieren und sogar stoppen ließ. Damit ähneln die mit Wasser gefüllten Nanoröhrchen biologischen Ionenkanälen in Zellen und könnten in Zukunft zur Entwicklung künstlicher Ionenkanäle beitragen. Aber auch der Protonentransport durch Membranen ließe sich mit eingelagerten Nanoröhrchen beschleunigen – ein Effekt, von dem die Entwicklung besserer Brennstoffzellen profitieren könnte.
Jan Oliver Löfken
RK