18.12.2013

Schnellster Wasserkocher der Welt

Terahertz-Blitze erhitzen biologisch relevante Proben in nur einer halben Pikosekunde.

Hamburger Forscher haben eine Methode entworfen, um Wasser in weniger als einer billionstel Sekunde zum Kochen zu bringen. Das Verfahren, das bislang noch nicht in die Praxis umgesetzt worden ist, kann eine kleine Menge Wasser in nur einer halben Pikosekunde um 600 Grad erhitzen. Damit wäre die Methode der schnellste Wasserkocher der Welt.

Abb.: Ein einzelner Terahertz-Blitz kann Wasser auf 600 Grad Celsius erhitzen. Alle Wassermoleküle bleiben dabei intakt. (Bild: O. Vendrell / DESY)

Das theoretische Konzept eröffnet interessante neue Experimentiermöglichkeiten mit erhitzten chemisch oder biologisch relevanten Proben. „Wasser ist das bedeutendste Medium, in dem chemische und biologische Prozesse stattfinden", erläutert Oriol Vendrell vom Center for Free-Electron Laser Science CFEL, einer Kooperation von DESY, der Universität Hamburg und der Max-Planck-Gesellschaft. „Wasser ist nicht nur ein passives Lösungsmittel, sondern spielt eine wichtige Rolle für die Dynamik vieler biologischer und chemischer Prozesse, indem es etwa bestimmte chemische Verbindungen stabilisiert und manche Reaktionen überhaupt erst ermöglicht."

Herzstück des neuen Konzepts ist ein konzentrierter Terahertz-Blitz aus einem Freie-Elektronen-Laser. Der Blitz bringt die Wassermoleküle auf einen Schlag heftig zum Vibrieren und löst die Wasserstoffbrückenbindungen, über die Wassermoleküle im flüssigen Zustand verbunden sind. Die Wissenschaftler haben die Wechselwirkung des Terahertz-Blitzes mit dem Wasser simuliert, was rund 200.000 Stunden Prozessorzeit auf einem großen Parallelcomputer am Supercomputerzentrum Jülich in Anspruch genommen hat.

Mit der neuen Methode lässt sich lediglich etwa ein Nanoliter auf einen Schlag erhitzen. Das klingt nicht viel, ist aber genug für die meisten Experimente. „Unser Plan ist, das Lösungsmittel zu erhitzen, damit viele Moleküle den gewünschten chemischen Prozess zur selben Zeit starten, und man dann die Entwicklung der Reaktion verfolgen kann", erläutert Vendrell, der das Konzept für die Superheizung gemeinsam mit Pankai Mishra und Robin Santra vom CFEL erarbeitet hat. Obwohl die heiße Miniwolke nach nicht einmal einer Millisekunde auseinander fliegt, ist das lange genug, um alle interessanten Vorgänge in thermischen Reaktionen zu beobachten – etwa die Kombination kleiner organischer Moleküle zu neuen Substanzen. Die Forscher untersuchen gegenwärtig, wie der intensive Terahertz-Blitz auf verschiedene im Wasser gelöste Molekülarten wirkt, von inorganischen bis zu biologischen.

Abb.: Computer-Darstellung der molekularen Wasserwolke. (Bild: O. Vendrell / DESY)

Ein Vorteil der Heizmethode ist dabei, dass sich der Terahertz-Blitz sehr genau mit dem Röntgenpuls synchronisieren lässt. So lässt sich das Experiment gezielt starten und der Zustand nach einer genau definierten Zeit beobachten. „Die kurzlebige und heiße Umgebung, die der Terahertz-Puls erzeugt, dürfte interessante Eigenschaften haben, etwa als Matrix zur Untersuchung gezielt aktivierter chemischer Prozesse," sagt Vendrell, „das werden wir weiter untersuchen."

DESY / CT

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