11.04.2016

Schnittbild eines Molekülorbitals

Erstmals Details der Elektronenhülle eines Mole­küls ab­ge­bildet – Ver­fahren könnte zur En­twicklung neuer Mate­ria­lien bei­tragen.

Das Molekül Coronen sieht aus wie eine Ansammlung von Bienen­waben, die sich in Gruppen von jeweils sieben Waben kreis­förmig ange­ordnet haben. Vier­und­zwanzig Kohlen­stoff­atome bilden sechs Benzol­ringe mit zwölf Wasser­stoff­atomen an der Außen­seite. Im Unter­schied zu einer Bienen­wabe ist dieses Molekül aller­dings flach. Forscher der Uni Würz­burg haben jetzt gemein­sam mit Kollegen anderer Forschungs­ein­richtungen mit Hilfe einer speziellen Technik ein Bild dieses Moleküls gewonnen, das ihnen Infor­mationen über ganz spezielle Eigen­schaften, nämlich die Kopplung von Schwingungen an Anregung in der Elektronen­hülle, liefert. Das war bisher nur auf der Basis theore­tischer Berech­nungen möglich.

Abb.: Energiespektren (a) und Winkel­ver­teilungen der Elek­tronen(b-d) geben erstmals Ein­blick in die Kopplung zwischen elek­tro­nischen Zuständen und Schwin­gungen (e) von Mole­külen. (Bild: M. Graus, U. Würzburg)

„Die Elektronen in den Hüllen um die Atomkerne sind ver­ant­wort­lich für die physi­ka­lischen, chemischen und struk­turellen Eigen­schaften von Atomen und Mole­külen“, erklärt Achim Schöll von der Uni Würz­burg. Dabei stehen die Elek­tronen aller­dings immer auch in einer Wechsel­wirkung mit dem Molekül­gerüst . Änderungen der Elek­tronen­hülle führen somit auch zu einer Ver­änderung der Molekül­struktur und zur Anregung von Schwingung der Atom­kerne.

Solche Veränderungen waren bislang im Experiment schon beob­acht­bar. „Die experi­men­tellen Daten haben uns aber nur gesagt, dass eine Schwingung eine bestimmte Energie besitzt. Aller­dings gibt es in einem Molekül eine Menge Schwingungs­moden mit sehr ähn­licher Energie“, so Schöll. Während nämlich in einem Molekül, das aus zwei Atomen aufge­baut ist, nur eine Schwingungs­mode existiert – die Atome können sich nur auf­ein­ander zu oder von­ein­ander weg bewegen – steigt die Zahl der Möglich­keiten mit wachsender Atom­anzahl schnell an.

Ein detailreicheres Bild haben die Forscher jetzt mit Hilfe der winkel­auf­ge­lösten Photo­elektronen­spektro­skopie gewonnen. In ihren Experi­menten haben sie das Coronen-Molekül ionisiert und dabei die Winkel­ver­teilung der Elek­tronen analy­siert. Diese Daten sind charak­te­ristisch für ein bestimmtes Molekül­orbital und zeigen bestimmte Ver­änderungen, wenn das Molekül auf­grund der Anregung von Schwingungen ver­zerrt wird. Der Ver­gleich der winkel­ab­hängigen Messungen mit simu­lierten Ver­teilungen für alle in Frage kommenden Schwingungen lieferte ihnen dann eine Über­ein­stimmung für eine spezielle Schwingungs­mode.

Noch sei diese Arbeit Grundlagenforschung, so Schöll. Konkrete Ergebnisse in Form von neuen Materi­alien mit über­raschenden Eigen­schaften würden sich nicht daraus ergeben – zumindest nicht sofort. Aller­dings zeigen die Forscher damit einen neuen Weg auf, um den Zusammen­hang von Ladung und Schwingung in einem Molekül weiter zu er­forschen. Und diese Koppelung von Ladung und Schwingung ist dann eben doch ent­scheidend für die Eigen­schaften vieler Materi­­alien, auf die sich die Hoffnung der Wissenschaft richtet – beispiels­weise wenn es darum geht, Supra­leiter zu finden, die bereits bei Zimmer­tempe­ratur funktio­nieren, oder Halb­leiter, die leistungs­fähiger sind als die heute ver­wendeten.

JMU / RK

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