Schnittbild eines Molekülorbitals
Erstmals Details der Elektronenhülle eines Moleküls abgebildet – Verfahren könnte zur Entwicklung neuer Materialien beitragen.
Das Molekül Coronen sieht aus wie eine Ansammlung von Bienenwaben, die sich in Gruppen von jeweils sieben Waben kreisförmig angeordnet haben. Vierundzwanzig Kohlenstoffatome bilden sechs Benzolringe mit zwölf Wasserstoffatomen an der Außenseite. Im Unterschied zu einer Bienenwabe ist dieses Molekül allerdings flach. Forscher der Uni Würzburg haben jetzt gemeinsam mit Kollegen anderer Forschungseinrichtungen mit Hilfe einer speziellen Technik ein Bild dieses Moleküls gewonnen, das ihnen Informationen über ganz spezielle Eigenschaften, nämlich die Kopplung von Schwingungen an Anregung in der Elektronenhülle, liefert. Das war bisher nur auf der Basis theoretischer Berechnungen möglich.
Abb.: Energiespektren (a) und Winkelverteilungen der Elektronen(b-d) geben erstmals Einblick in die Kopplung zwischen elektronischen Zuständen und Schwingungen (e) von Molekülen. (Bild: M. Graus, U. Würzburg)
„Die Elektronen in den Hüllen um die Atomkerne sind verantwortlich für die physikalischen, chemischen und strukturellen Eigenschaften von Atomen und Molekülen“, erklärt Achim Schöll von der Uni Würzburg. Dabei stehen die Elektronen allerdings immer auch in einer Wechselwirkung mit dem Molekülgerüst . Änderungen der Elektronenhülle führen somit auch zu einer Veränderung der Molekülstruktur und zur Anregung von Schwingung der Atomkerne.
Solche Veränderungen waren bislang im Experiment schon beobachtbar. „Die experimentellen Daten haben uns aber nur gesagt, dass eine Schwingung eine bestimmte Energie besitzt. Allerdings gibt es in einem Molekül eine Menge Schwingungsmoden mit sehr ähnlicher Energie“, so Schöll. Während nämlich in einem Molekül, das aus zwei Atomen aufgebaut ist, nur eine Schwingungsmode existiert – die Atome können sich nur aufeinander zu oder voneinander weg bewegen – steigt die Zahl der Möglichkeiten mit wachsender Atomanzahl schnell an.
Ein detailreicheres Bild haben die Forscher jetzt mit Hilfe der winkelaufgelösten Photoelektronenspektroskopie gewonnen. In ihren Experimenten haben sie das Coronen-
Noch sei diese Arbeit Grundlagenforschung, so Schöll. Konkrete Ergebnisse in Form von neuen Materialien mit überraschenden Eigenschaften würden sich nicht daraus ergeben – zumindest nicht sofort. Allerdings zeigen die Forscher damit einen neuen Weg auf, um den Zusammenhang von Ladung und Schwingung in einem Molekül weiter zu erforschen. Und diese Koppelung von Ladung und Schwingung ist dann eben doch entscheidend für die Eigenschaften vieler Materialien, auf die sich die Hoffnung der Wissenschaft richtet – beispielsweise wenn es darum geht, Supraleiter zu finden, die bereits bei Zimmertemperatur funktionieren, oder Halbleiter, die leistungsfähiger sind als die heute verwendeten.
JMU / RK