Schrauben mit Sensor und Funkmodul
Intelligente Schraubverbindungen erlauben eine zuverlässige Fernüberwachung.
Schrauben finden sich fast überall. An Kränen, Baugerüsten, Hochhäusern, Brücken, Windkraftanlagen, in Produktionsanlagen, an kleinen und großen Maschinen. Doch Verschleiß und Einflüsse wie Temperaturschwankungen oder Schwingungen können dazu führen, dass eine oder mehrere Schrauben sich lockern oder gar ganz lösen. Das kann fatale Folgen haben. Bei sicherheitskritischen Strukturen ist deshalb eine regelmäßige Inspektion erforderlich. Jetzt hat ein Forschenden-Team des Fraunhofer Cluster of Excellence Cognitive Internet Technologies CCIT eine intelligente Schraubverbindung entwickelt, in der eine Kombination aus Sensorik und Funktechnik die zuverlässige Fernüberwachung der Schraubverbindungen ermöglicht – und das auch noch energieautark.
In der intelligenten Schraubverbindung wird eine Schraube mit einer Unterlegscheibe versehen, die mit einer piezoresistiven DiaForce-Dünnschicht ausgestattet ist. Deren druckempfindliche Sensorik registriert an drei Stellen die Vorspannkraft, die beim Anziehen der Schraube entsteht. Ändert sich die Vorspannkraft, ändert sich auch der elektrische Widerstand in der DiaForce-Dünnschicht. „Wenn sich eine Schraube löst, wird die daraus resultierende Änderung des Widerstands an ein Funkmodul gemeldet, das auf dem Schraubenkopf sitzt. Das Funkmodul wiederum sendet die Daten an eine Basisstation, die die Infos aller relevanten Schrauben des jeweiligen Objekts einsammelt“, erklärt Peter Spies, Projektleiter am Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS.
Die DiaForce-Dünnschicht wurde vom Fraunhofer-Institut für Schicht- und Oberflächentechnik IST entwickelt. Für die Funktechnik hat das Fraunhofer IIS das Funkprotokoll mioty (Low Power Wide Area Network – LPWAN) beigesteuert. Diese Technologie ist in der Lage, kleine Datenmengen bei niedrigstem Energieverbrauch über große Entfernungen zu schicken, und zwar von mehr als hunderttausend Sensoren über nur eine Basisstation. Die Basisstation könnte am Rande eines Windparks, also in mehreren hundert Metern oder gar einigen Kilometern Entfernung stehen. Anschließend zeigt eine Software die Daten jeder einzelnen Schraube in einer grafischen Übersicht an. Je nach Konfiguration und Anwendungsfall wird der Status der Schraubverbindungen permanent, eventbasiert oder in festgelegten Zeitabständen übertragen.
„Mit diesem System der Fernüberwachung ist es erstmals möglich, die Stabilität von sicherheitskritischen Infrastrukturen auch aus der Entfernung jederzeit im Auge zu behalten und dabei wirklich jede einzelne relevante Schraube zu checken. Das ist ein bedeutendes Plus an Sicherheit. Bei der Inspektion einer Brücke oder Windkraftanlage muss auch kein Techniker alle Schrauben einzeln überprüfen und vor Ort sein, da alle Daten per Funk an die Servicestation übertragen werden“, sagt Spies. Die intelligenten Schraubverbindungen lassen sich an ganz unterschiedliche Anwendungen anpassen. Egal, ob für Flanschverbindungen in der Industrie, die Bolzen in Stahlträgern an Hochhäusern, die tragenden Teile von Brücken oder die Befestigung von Rotoren an Windkraftanlagen – für jedes Szenario lässt sich das System individuell konfigurieren und auf das jeweilige Belastungsprofil abstimmen.
Auch das Problem des Energiebedarfs haben die Forschenden ressourcenschonend gelöst. Das System nutzt Wärme oder Licht zur Stromerzeugung. So erzeugt in dem System beispielsweise ein Thermogenerator Strom aus den winzigen Temperaturunterschieden zwischen dem Schraubenkopf und der Umgebung. Es wäre ebenso möglich, den Strom durch Solarzellen zu generieren. Besonderen Wert legen die Forschenden auf die Sicherheit. Bei der Installation wird jede einzelne Schraube samt Sensoreinheit und Funkmodul in eine abhörsichere Inbetriebnahme-Box gelegt. Über den Kurzstreckenfunk RFID erhält sie eine individuelle ID und ihr Anforderungsprofil sowie einen individuellen Verschlüsselungscode. Zudem ist die Funkstrecke bei der Datenübertragung von den Schrauben zur Basisstation verschlüsselt. „So verhindern wir, dass Kriminelle oder Hacker das System sabotieren können. Das Technikpersonal, das beispielsweise eine Windkraftanlage überwacht, kann sich auf die Daten wirklich verlassen“, sagt Spies.
FhG / JOL