Schon seit Jahren sind Perowskit-Solarzellen als günstige Alternative zu herkömmlichen Silizium-basierten Solarzellen im Gespräch. Sie besitzen zwar einige wünschenswerte Eigenschaften. So hat die Entwicklungsarbeit der letzten Jahre insbesondere zu einer erstaunlich hohen Effizienz bei der Umwandlung von Licht in Elektrizität geführt. Außerdem sind Perowskit-Solarzellen billig in der Herstellung. Doch besitzen sie noch nicht die erforderliche langfristige Stabilität, um bereits für die Industrie interessant zu sein.
Abb.: Querschnitt-Scan einer Rb5CsMAFA-Perowskit-Solarzelle mit dem Rasterelektronenmikroskop (Bild: M. Saliba et al., EPFL)
Gleich mehrere Schwachstellen sorgen derzeit noch dafür, dass Perowskit-Solarzellen eine Sache für Forschungslabore und nicht für Hausdächer sind. Zum einen sind Perowskit-Solarzellen sowohl gegenüber Wasser als auch gegenüber UV-Strahlung und Hitze empfindlich. Die Kristallstruktur in den Zellen wandelt sich unter diesen Einflüssen um, die Zellen verlieren rasch ihre Effizienz. So sind etwa in der Industrie Test bei hohen Temperaturen um die 85 Grad Celsius Standard – zu hoch für übliche Perowskite. So besitzt das phaseninstabile Kristallgitter von Perowskit-Solarzellen zwei Phasen: Die schwarz gefärbte Phase ist photoaktiv, die gelbe nicht.
Wie Untersuchungen festgestellt haben, ist aber nicht allein die Instabilität von Perowskit für die schnelle Degradation dieser Solarzellen verantwortlich. Das Problem verschärft sich dadurch, dass aus den Metallelektroden, die die Elektronenlöcher transportieren, Metallatome in das Perowskit wandern können und dieses dadurch unbrauchbar machen. Zwei Forschergruppen, an denen auch Michael Grätzel von der École polytechnique fédérale in Lausanne (EPFL) beteiligt war, haben nun auf unterschiedliche Weise diese Stabilitätsprobleme zu umgehen versucht. Dazu wählten sie einmal eine Art inneren Schutz, das andere Mal einen äußeren.
In der ersten Studie versuchten die Wissenschaftler, die Stabilität des Perowskits selbst zu erhöhen, indem sie ein Fremdatom in das Kristallgitter einbauten. Interessanterweise erwies sich hierbei Rubidium als besonders hilfreich. Eigentlich sind Rubidiumionen ein wenig zu klein, um gut in das Kristallgitter des Perowskits zu passen. Es ist zwar mit einem Ionenradius von 152 Pikometern nur ein bisschen kleiner als Cäsium mit 167 Pikometern, das sich in eine photoaktive Perowskit-Phase einbinden lässt. In der Tat bildete sich beim herkömmlichen Produktionsverfahren beim Rubidium-versetzten Perowskit keine photoaktive schwarze Phase heraus.
Abb.: Mit Fluorpolymeren geschützte Perowskit-Solarzellen (Bild: EPFL)
Doch den Forschern gelang es dank eines speziellen Verfahrens, das Rubidium in eine photoaktive Phase einzubauen. „Mit unserer neuen Multikationen-Methode kann Rubidium in kleinen Mengen integriert werden”, sagt Michael Saliba von der EPFL. Das Resultat war überraschend positiv: Das Verlustpotenzial des neuen Materials betrug gerade einmal 0,39 Volt und gehört damit zu den geringsten von allen photovoltaischen Materialien. Dieses Perowskit besitzt also nur sehr geringe Rekombinationsverluste.
Um die Stabilität des Materials zu testen, setzten die Forscher es unter einer Stickstoff-Atmosphäre 500 Stunden lang einer Temperatur von 85 Grad Celsius aus, während sie es mit voller Intensität mit sonnenähnlicher Strahlung beleuchteten. Die anfängliche Effizienz der Solarzelle lag bei 17 Prozent. Während des Hitzetests behielt die Solarzelle 95 Prozent ihrer ursprünglichen Leistungsfähigkeit.
Bei der zweiten Studie versahen die Forscher die Perowskit-Solarzelle mit einer äußeren Schutzschicht. Diese erfüllt gleich mehrere Zwecke: Zum einen versiegelt sie das Perowskit nach außen. „Dank ihres Fluor-haltigen Polymer-Netzwerks verhindert sie den Eintritt von Wasser”, erklärt Federico Bella vom Politecnico in Turin. Der Schutz gegenüber Wasser ist aber nicht die einzige Funktion dieses Polymers. Durch den Einbau lumineszierender Moleküle wandelt diese Schutzschicht auch UV-Strahlung in sichtbares Licht um. Statt das Perowskit zu schädigen, erhöht sich auf diese Weise sogar die Effizienz der Solarzelle. Der Clou bei der Herstellung dieser Solarzellen lag auch hier in einem speziellen Verfahren, bei dem die Forscher durch geeignete Wahl der Materialien innerhalb nur einer Minute eine photoinduzierte Polymerisierung durchführen konnten, ohne dabei das Perowskit zu beschädigen.
Diese Zellen zeichneten sich durch sehr hohe Langzeit-Stabilität aus. Bei einem Test über sechs Monate mit wechselnden Bedingungen bewahrten sie ihre Effizienz zu rund 98 Prozent. Unbeschichtete Zellen hingegen verloren innerhalb weniger Tage deutlich an Leistungsfähigkeit. Sie besaßen nach einer Woche nur noch 70 Prozent ihrer Effizienz und waren nach einem Monat unbrauchbar.
Bei einem anderen Tests stellten die Forscher fünf dieser Solarzellen in einer geschlossenen Kammer in die Nähe eines Behälters mit kochendem Wasser. Vier der Zellen behielten nach einem Monat immer noch rund 96 Prozent ihrer Leistungsfähigkeit. Die andere war nach nur einer Woche praktisch schrottreif. Wie sich herausstellte, war die Schutzschicht dieser Zelle an der Rückseite nicht vollständig. Die anderen Zellen ließen sich auch in Wasser tauchen, ohne an Effizienz zu verlieren.
Mit den Ergebnissen dieser beiden Studien erweisen sich sowohl der Einsatz von Rubidium als auch der spezieller Schutzschichten als vielversprechende Innovationen beim Design neuartiger Perowskit-Solarzellen. Wie lange es bis zum Einsatz in der freien Wirtschaft braucht, bewerten die Forscher allerdings leicht unterschiedlich. Die Schätzungen liegen zwischen zwei und zehn Jahren.
Denn auch wenn alle Fragen rund um die Stabilität geklärt sind, so bleibt doch weiterhin Forschungsbedarf: Perowskit-Solarzellen enthalten derzeit noch Blei. Solange dieses in der Solarzelle eingeschlossen bleibt, ist nicht mit Problemen zu rechnen. Geht eine Solarzelle jedoch zu Bruch oder wird nicht fachgerecht entsorgt, so kann dieses in die Umwelt freigesetzt werden und zu Gesundheitsschäden führen. Mittlerweile gibt es Ansätze, das Blei durch Zinn zu ersetzen, um die Toxizitätsprobleme in den Griff zu bekommen. Sollte sich dies als unattraktiv erweisen, müsste man vielleicht neue Ideen entwickeln, wie sich das Toxizitätsproblem zumindest lindern lässt: Denn konkurrenzfähig günstiger Solarstrom wäre angesichts der klimatischen Entwicklung so bedeutsam, dass man geringe toxische Risiken vielleicht doch in Kauf nehmen könnte. Dies wird aber nicht zuletzt eine Frage staatlicher Regulierung sein, die in unterschiedlichen Ländern durchaus unterschiedlich ausfallen kann.
Dirk Eidemüller
DE