16.09.2014

Schwarmbeben auf der Spur

Magmatische Aktivitäten im tiefen Untergrund führen zu vielen kurz hintereinander auftretenden Erdstößen.

Im Rahmen des Internationalen Kontinental-Bohrungs-Programms ICDP wollen Wissenschaftler der Universität Leipzig in der Tschechien herausfinden, wie Schwarmbeben – kurz hintereinander auftretenden Erdstöße – entstehen und welche Folgen sie haben. Die Wissenschaftler nehmen insbesondere das Gebiet um die einzigen in prähistorischer Zeit aktiven Vulkane in Tschechien, den Kammerbühl und den Eisenbühl, ins Visier.

Abb.: Mitarbeiter des Instituts für Geophysik und Geologie der Universität Leipzig bei seismischen Untersuchungen im Egerbecken. (Bild: C. Flechsig / AML)

„Schwarmbeben werden schon seit Ende des 19. Jahrhunderts hier in Leipzig erforscht“, sagt Michael Korn. So wurden 1899 Daten von hundert Erdbeben aus dem Jahr 1824 ausgewertet. Wobei der Begriff „Daten“ in diesem Zusammenhang etwas irreführend ist: Damals wurden die Eindrücke geschildert, die Menschen beim Auftreten der Beben hatten. Dass mit den inzwischen etablierten Messmethoden weit mehr erfasst werden kann, zeigt ein Beispiel aus dem Jahr 2008: Damals gab es im Gebiet des Vogtlandes und in Westböhmen rund 20.000 solcher Ereignisse.

„Im tiefen Untergrund, etwa bei 30 Kilometern, gibt es magmatische Aktivitäten, wobei die Magmen nicht unbedingt bis an die Erdoberfläche aufsteigen“, erläutert Korn die gängige Erklärung für Schwarmbeben. Aus den Magmen lösen sich jedoch Fluide, in denen Gase, im Untersuchungsgebiet vor allem Kohlendioxid, gelöst sind. Diese Gase schaffen es im Gegensatz zum Magma sehr häufig an die Erdoberfläche, wo sie in Mineralquellen und in mit Wasser gefüllten Erdlöchern – den Mofetten – entweichen. „Wir wollen nun wissen: Was können wir an Strukturen erkennen und eventuell auch über die Aufstiegspfade der Fluide und Gase herausfinden.“

Bei den Untersuchungen kommen verschiedene geophysikalische Methoden zur Anwendung. Korn und Hortencia Flores wollen ermitteln, ob es mit seismischen Methoden möglich ist, den Gasaufstieg aus der Erde zu verfolgen. Hammerschläge, Fallgewichte oder auch kleinere Sprengungen lösen dafür künstlich seismische Wellen aus. Der von den Forschern erfasste Weg der Wellen liefert dann zahlreiche Daten zur Beschaffenheit des Untergrunds. In einem weiteren Projekt verwendet Christina Flechsig eine geoelektrische Methode angewandt. „Dabei wird Strom in die Erde eingespeist und an verschiedenen Messpunkten erfasst, welchen Widerstand die unterschiedlichen Gesteine aufweisen“, erläutert die Forscherin. Die geoelektrischen Untersuchungen zielen ebenfalls auf die zerstörungsfreie Erfassung des Untergrunds in Mofettenfeldern ab.

All diese Untersuchungen sind Vorarbeiten für ein Großprojekt, das im Rahmen des ICDP-Programms ab 2016 laufen soll. „Es ist vorgesehen, im Untersuchungsgebiet fünf bis sechs Bohrungen in wenige hundert Meter Tiefe vorzutreiben“, so Korn. Diese Bohrungen übernimmt das Geoforschungszentrum Potsdam. In die Bohrlöcher wollen die Wissenschaftler dann Sonden, unter anderem seismische und Gasflusssensoren, einbringen, die eine langfristige Beobachtung der Aktivitäten ermöglichen. Da Schwarmbeben möglicherweise in mehrjährigen Rhythmen auftreten, wäre es nach Korns Angaben ideal, wenn die Sondenstandorte über einen Zeitraum von 20 Jahren betrieben werden könnten. „Es ist aber sehr fraglich, ob das finanziert werden kann“, gibt er zu bedenken.

AML / RK

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