15.11.2012

Schwarze Löcher haben den Dreh raus!

Magnetfelder richten Akkretionsscheibe und Jets der Massemonster aus, Computersimulationen zeigen „Magneto-Spin-Effekt“.

Die Orientierung der Rotationsachse eines Schwarzen Lochs hängt von seiner Geschichte ab: vom bisherigen Materieeinfall und von etwaigen Verschmelzungen mit anderen Schwarzen Löchern. Im Gegensatz dazu kann frisch einfallende Materie einen beliebigen Drehimpuls besitzen – entsprechend könnte die Rotationsachse der Akkretionsscheibe beliebig gegen die Rotationsachse des Schwarzen Lochs geneigt sein.

Abb.: Die Jets (blauweiß) und die Rotationsachse der Akkretionsscheibe sind in der Nähe des Schwarzen Lochs (Mitte) an dessen Rotationsachse ausgerichtet. Weiter außen können die Richtungen deutlich davon abweichen, wie der Ausschnitt aus der Simulation zeigt. (Bild: McKinney / U. Maryland / R. Kaehler, KIPAC)

Prinzipiell könnte der Lense-Thirring-Effekt – also gewissermaßen das „Mitziehen“ des umgebenden Raums durch das rotierende Schwarze Loch – zu einer Präzession der Scheibe führen, die über innere Reibung zu einer Ausrichtung der Scheibe führt. Doch dieser auch Bardeen-Petterson-Effekt genannte Einfluss ist nur bei dünnen Akkretionsscheiben effektiv, nicht aber bei dicken, wie sie insbesondere um supermassive Schwarze Löcher in den Zentren von Galaxien vorliegen.

Jonathan McKinney und Roger Blandford von der Stanford University, sowie Alexander Tchekhovskoy von der Princeton University haben vollständig dreidimensionale allgemeinrelativistische magnetohydrodynamische Simulationen des Materieeinfalls in Schwarze Löcher durchgeführt um zu analysieren, wie es in der Umgebung eines Schwarzen Lochs zur Ausrichtung von Akkretionsscheibe und Jets kommt.

Die Simulationen starteten jeweils mit einer Situation, in der die Rotationsachsen von Schwarzem Loch und Akkretionsscheibe, sowie die Richtung der Jets übereinstimmten. Die Forscher ließen den Materieeinfall so lange laufen, bis sich ein Gleichgewicht zwischen den magnetischen, thermischen und Strahlungskräften herausgebildet hatte. Dann kippten sie schlagartig die Rotationsachse der Schwarzen Löcher um verschiedene Winkel. Die Simulationen zeigen, dass sich die Magnetosphäre eines Schwarzen Lochs durch den Lense-Thirring-Effekt unter Abstrahlung elektromagnetischer Wellen rasch neu entlang der gekippten Rotationsachse ausrichtet.

Das vom gekippten Magnetfeld auf die Akkretionsscheibe ausgeübte Drehmoment führt dann bei massereichen Scheiben ebenfalls zu einer Reorientierung, wobei die Jets dabei mitwandern und dann ebenfalls wieder in Richtung der Rotationsachse zeigen. Allerdings zieht diese „Magneto-Spin-Ausrichtung“ nur die inneren Bereiche von Akkretionsscheibe und Jets mit, die äußeren Bereiche behalten ihre ursprünglichen Richtungen bei.

McKinney, Blandford und Tchekhovskoy betonen, dass der neuen Effekt einen signifikanten Einfluss auf die kosmologische Entwicklung der Masse und der Rotation Schwarzer Löcher haben kann, sowie auf die durch Jets und Strahlungswinde ausgelösten Rückkopplungseffekte supermassiver Schwarzen Löcher auf ihre Wirtsgalaxien. Die Forscher hoffen, dass Beobachtungen schon bald die fehlende Neigung der Akkretionsscheiben der zentralen Schwarzen Löcher insbesondere der Milchstraße und der Galaxie M87 nachweisen können – und damit auch die Existenz des Magneto-Spin- Effekts.

Rainer Kayser

OD

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