16.02.2024

Schwarzes Loch oder Gravastern

Hypothetisches Himmelsobjekt zeigt ineinander geschachtelten Aufbau.

Würde es Gravasterne tatsächlich geben, sähen sie für einen weit entfernten Beobachter ähnlich aus wie schwarze Löcher. Zwei theoretische Physiker der Goethe-Universität Frankfurt haben jetzt eine neue Lösung der Allgemeinen Relativitäts­theorie Albert Einsteins gefunden, derzufolge Gravasterne aufgebaut sein könnten wie eine russische Matrjoschka-Puppe: Im Inneren eines Gravasterns befände sich ein weiterer Gravastern.

Abb.: Ein Gravastern könnte nach Annahmen theoretischer Physiker aus Frankfurt...
Abb.: Ein Gravastern könnte nach Annahmen theoretischer Physiker aus Frankfurt wie eine ineinander verschachtelte Matrjoschka-Puppe aussehen.
Quelle: D. Jampolski & L. Rezzolla, U. Frankfurt

Für das Innere schwarzer Löcher fand 1926 der deutsche Physiker Karl Schwarzschild eine Lösung für die Gleichungen Albert Einsteins allgemeiner Relativitätstheorie, derzufolge sich im Zentrum eines schwarzen Lochs eine Singularität befindet. Alle physika­lischen Gesetze, also auch Einsteins allgemeine Relativitäts­theorie, habe dort keine Gültigkeit mehr, das Prinzip der Kausalität ist aufgehoben. Das ist ein großes Ärgernis für die Wissenschaft, denn jenseits des Ereignis­horizonts können keine Informationen aus einem schwarzen Loch nach außen dringen. Wohl auch aus diesem Grund fand Schwarzschilds Lösung lange Zeit außerhalb der Theorie keine größere Beachtung, bis 1971 der erste Kandidat für ein schwarzes Loch entdeckt, in den 2000er-Jahren das schwarze Loch im Zentrum unserer Milchstraße nachgewiesen und schließlich 2019 das erste Bild eines schwarzen Lochs durch die Event Horizon Telescope Colla­boration veröffent­licht wurde.

2001 schlugen die beiden Wissenschaftler Pawel Mazur und Emil Mottola eine andere Lösung für Einsteins Feldgleichungen vor, die zu Objekten führten, die sie Gravasterne nannten. Im Gegensatz zu achwarzen Löchern haben Gravasterne aus Sicht der theoretischen Astrophysik mehrere Vorteile: Einerseits sind sie sind nahezu so kompakt wie achwarze Löcher und besitzen ebenso wie diese an ihrer Oberfläche eine Gravitations­kraft, die praktisch so stark ist wie die eines achwarzen Lochs, sodass ihr nicht einmal Licht entkommen kann. Allerdings haben sie keine Grenze, innerhalb der keine Art von Information nach außen dringen kann, den Ereignishorizont, und in ihrem Inneren gibt es keine Singu­larität. Vielmehr besitzen Gravasterne einen Kern aus exotischer – dunkler – Energie, die den Gegendruck zur ungeheuren Gravitations­kraft hält, die den Stern zusammenpresst. Die Oberfläche von Gravasternen bildet eine hauchdünne Haut aus gewöhnlicher Materie, deren Dicke gegen Null geht.

Daniel Jampolski und Luciano Rezzolla haben jetzt eine Lösung der Feld­gleichungen der Allgemeinen Relativitätstheorie vorgestellt, die einen Gravastern im Innern eines weiteren Grava­sterns beschreibt. Diesem – hypothetischen – Himmelsobjekt haben sie den Namen „Nestar“ gegeben. Daniel Jampolski, der die Lösung in seiner durch Rezzolla betreuten Bachelorarbeit fand, meint: „Der Nestar ist wie eine russische Matrjoschka, und unsere Lösung der Feld­gleichungen lässt auch eine ganze Reihe von ineinander geschachtelten Grava­sternen zu.“ Während der Gravastern nach Mazur und Mottola eine nahezu unendlich dünne Haut aus normaler Materie habe, hat der Nestar eine etwas dickere Materiehülle: „Man kann sich etwas leichter vorstellen, dass es so etwas geben könnte.“

Luciano Rezzolla erläutert: „Es ist toll, dass es auch einhundert Jahre nach Schwarzschilds erster Lösung der Einstein‘schen Feld­gleichungen aus der allgemeinen Relativitäts­theorie noch möglich ist, neue Lösungen zu finden. Das ist ein bisschen so, wie wenn man in einer vermeintlich erschöpften Mine auf eine Goldader stößt. Leider haben wir noch keine Vorstellung davon, wie solch ein Gravastern entstehen könnte. Doch selbst wenn Nestare nicht existieren sollten, hilft uns die Erforschung der mathe­matischen Eigenschaften dieser Lösungen letztlich dabei, schwarze Löcher besser zu verstehen.“

U. Frankfurt / JOL

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