10.02.2016

Schwebende Fische und kreiselnde Schildkröten

Objekte aus dem 3D-Drucker mit beeindruckenden phy­si­ka­lischen Eigen­schaften.

Ein Kunststoff-Fisch wird ins Wasser geworfen und schwebt knapp unter der Wasser­ober­fläche, weil er im Inneren einen Hohl­raum mit exakt richtig gewählter Form und Größe hat. Um ein so genau aus­balan­ciertes Objekt herzu­stellen, hätte man bisher eine ganze Reihe von Versuchen gebraucht. In Zukunft lassen sich solche geo­metrischen Sonder­wünsche einfacher realisieren. Forscher der TU Wien haben eine Methode entwickelt, mit der man den inneren Hohl­raum von Objekten aus dem 3D-Drucker so anpassen kann, dass ihre Balance oder andere physi­ka­lische Eigen­schaften genau zum Einsatz­zweck passen.

Abb.: Unmöglicher Kreisel: Die Dreh­achse einer Plastik­schild­kröte so an­ge­passt, dass man sie als Kreisel ver­wenden kann. (Bild: TU Wien)

Auf den ersten Blick sehen die Produkte der Wissenschaftler aus wie Kinder­spiel­zeug, doch sie haben einen interes­santen wissen­schaftlichen Hinter­grund. So haben die Forscher die Dreh­achse einer Plastik­schild­kröte so ange­passt, dass man sie als Kreisel verwenden kann. Fische mit einge­bautem Hohl­raum wurden so optimiert, dass ihre Dichte genau zu verschie­denen Flüssig­keiten passt. Besonders verblüffend ist die Wunder­flasche: Sie sieht aus wie eine merk­würdig verbogene Getränke­flasche. Füllt man sie mit Wasser, so kippt sie um und läuft aus. Wenn man sie aller­dings mit Alkohol füllt, dann bleibt sie stehen. Der Grund dafür ist, dass die Dichte von Alkohol gering­fügig kleiner ist als die Dichte von Wasser. Die Flasche wurde so optimiert, dass dieser kleine Dichte­unter­schied genau zwischen Stehen­bleiben und Umfallen entscheidet.

Um das zu erreichen, muss die Wand der Flasche angepasst werden. Sie ist auf einer Seite viel dicker als auf der anderen, um den Schwer­punkt der Flasche genau richtig zu justieren. Angepasst wird das ganz auto­matisch am Computer, mit einem mathe­matischen Opti­mierungs­verfahren, das Przemyslaw Musialski und sein Team entwickelt haben. „Einge­geben wird die äußere Form der Figur und zusätz­lich bestimmte Vorgaben – etwa die Rotations­achse oder die Schwebe­aus­richtung“, erklärt Musialski. „Die Soft­ware liefert dann zusätz­lich zur äußeren Form auch die Form des Hohl­raums im Inneren des Objekts, so dass es die Wunsch­vorgaben erfüllt.“

Dabei muss man dem Computer noch zusätzliche Beschränkungen aufer­legen: Das Objekt muss am Ende von einem 3D-Drucker produziert werden können. Allzu kompli­zierte, zackige Formen sind also ungünstig, der Computer­code favori­siert einfache, weiche Formen. Ob auch die äußere Form ange­passt werden darf oder ob sie streng vorge­geben ist, kann von Fall zu Fall ent­schieden werden. „Unsere Methode hat eine ganze Reihe von Vorteilen“, sagt Musialski. „Sie ist schnell, denn die Berechnung dauert nur einige Sekunden. Sie ist wenig fehler­anfällig. Und wie wir zeigen konnten, lässt sie sich im Vergleich zu ähnlichen Methoden für viele ganz unter­schiedliche Optimierungs­aufgaben verwenden.“ In Zukunft wird man viele Objekte – vom Zier­gegen­stand bis zum technischen Ersatz­teil – wohl nicht mehr im Geschäft kaufen, sondern am Computer individuell gestalten und dann aus­drucken. Optimierungs­verfahren sollen dann dafür sorgen, dass die so gene­rierten Objekte auch zuver­lässig die nötigen physi­ka­lischen Eigen­schaften haben.

TUW / RK

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