Schwebender Rotor für Dampfturbinen
Einfachere Wartung mit einem Magnetlagersystem für leistungsstarke Maschinen.
Vollkommen berührungsfrei halten die geregelten Magnetfelder des neuen Magnetlagersystem von Siemens zehn Tonnen schwere Rotoren in der Lagermitte – und das selbst bei Maximaldrehzahl mit einer maximal haardünnen Abweichung. Das aktive Magnetlagersystem beruht auf bewährten Standardelektronikkomponenten, die sonst zur Ansteuerung von Elektromotoren in Werkzeugmaschinenanwendungen eingesetzt werden. Hauptanwendungen dieser Simotics AMB-Technologie sind große Elektromaschinen, Kompressoren für die Gas- und Ölindustrie oder Dampfturbinen. Erste Systeme sind bereits im Feld.
Abb.: Aktive Magnetlager halten den Rotor durch magnetische Kräfte von Elektromagneten in der Schwebe. (Bild: Siemens)
Siemens integrierte die Technologie in seine durchgängigen Antriebskonzepte. Damit ist es möglich, alle Komponenten des Antriebsstrangs in einheitlicher Art und Weise zu konfigurieren und sie in dieselbe Steuerungsarchitektur zu integrieren. Außerdem werden die im Magnetlager erhobenen Informationen über den Anlagenzustand direkt zugänglich für eine Fernüberwachung. Das Bedien- und Servicekonzept des Antriebsstrangs ist einfacher, weil Motorumrichter und Magnetlagerschrank auf den gleichen Regelungskomponenten und Bedienschnittstellen basieren.
Aktive Magnetlager halten den Rotor durch magnetische Kräfte von Elektromagneten in der Schwebe. Lagesensoren erfassen die Position des Rotors, und die Magnetkräfte werden entsprechend nachgeregelt. Die Lager arbeiten reibungsfrei und brauchen kein Öl. Das macht sie attraktiv in Branchen, wo wegen Brand- oder Naturschutz besondere Sicherheitsmaßnahmen gelten. Außerdem benötigen Magnetlager kaum Wartung. Die Technik eignet sich besonders für Anwendungen mit hohen Umfangsgeschwindigkeiten, also für schnell drehende Rotoren mit großem Durchmesser. Die aktive Regelung der Rotorposition ermöglicht es, Schwingungen des Rotors zu dämpfen. Bei konventionellen Lagern treten in bestimmten Drehzahlbereichen Rotorresonanzen auf, weshalb diese Bereiche nur schnell durchfahren werden dürfen. Mit Magnetlagern lässt sich die Rotation dagegen stufenlos regeln.
Derzeit ist die Simotics AMB-Technology ausgelegt für Rotoren mit zwei Tonnen Gewicht und 17.000 Umdrehungen pro Minute bis hin zu siebzehn Tonnen schweren Läufern mit 6.000 U/min. Lagesensoren erfassen 16.000-mal pro Sekunde die Rotorposition. Selbst bei maximalen Drehzahlen halten die Rotoren ihre Position auf etwa 0,03 Millimeter. Die Standard-Umrichter liefern genügend Leistung, um Luftspalte von ein bis zwei Millimetern zwischen Rotor und Lager zu realisieren. Das vereinfacht die Ausrichtung der einzelnen Komponenten erheblich und macht das System robust. Da es sich vorwiegend um Blindleistung handelt, sind die Lager dennoch energieeffizienter als konventionelle Gleitlager.
Abb.: Ein Radiallager für einen neun Tonnen schweren Rotor in einem Fertigungsgebäude. (Bild: Siemens)
Für die Digitalisierung von Industrieprozessen spielen solche Magnetlager einen weiteren Vorteil aus. Während übliche Gleitlager nur Informationen über die Position des Rotors liefern, stellt die digitale Regelung des Magnetlagers zusätzliche Betriebsparameter wie am Rotor wirkende Kräfte bereit. Aus den Daten werden kleinste Änderungen im Antriebssystem, in der angetriebenen Maschine und damit auch im nachgelagerten Prozess erkennbar. Sie bilden die Grundlage für die Überwachung der Maschinenzustände und ermöglichen, durch vorausschauende Wartung Stillstandszeiten zu minimieren. Die Technologie ist bereits in zwei Kompressorantrieben mit je 23 Megawatt Leistung und 6.300 U/min in einem Gasfeld bei Groningen sowie bei einer Dampfturbine mit 10 MW und 5.700 U/min im Kraftwerk Jänschwalde in Deutschland im Einsatz.
Siemens / JOL