Schwerewellen und leuchtende Luft
Koordinierte Messflüge führen zu besserem Verständnis des Einflusses von Schwerewellen auf Wetter und Klima.
Schwerewellen beeinflussen das Klima und unser Wetter. Den Lebenszyklus von atmosphärischen Schwerewellen konnte ein internationales Forscherteam jetzt erstmals nahezu vollständig vermessen. Mit den Forschungsflugzeugen HALO und Falcon führten die Atmosphärenforscher vom nordschwedischen Kiruna aus koordinierte Messflüge durch.
Abb.: Das Forschungsflugzeug HALO bei der Landung in Kiruna. (Bild: DLR)
Schwerewellen sind von der Schwerkraft getriebene Schwankungen von Luftmassen. Sie werden in den unteren Schichten der Atmosphäre angeregt, wenn Luftmassen beispielsweise über Berge strömen. Um das bisher unzureichend erforschte Wetterphänomen zu untersuchen, filmen die Wissenschaftler mit einer speziellen Kamera das Aufeinandertreffen von Schwerewellen im Luftleuchten in etwa 85 Kilometern Höhe. Das Luftleuchten wird durch chemische Reaktionen in diesem Höhenbereich verursacht. Zusätzlich verwenden die Wissenschaftler Lasergeräte für die Wind-, Spurengas- und Aerosoldetektion, ein abbildendes Infrarotspektrometer zur Fernerkundung der dreidimensionalen Verteilung von Temperatur und Spurengasen sowie Geräte für die in-situ Messung der Konzentration von Spurengasen in der Atmosphäre. Die Ergebnisse dieser Experimente helfen dabei, Klimamodelle und Wettervorhersagen zu verbessern.
Studien zum Phänomen Schwerewellen gab es bereits viele. Allerdings wurden sie meist entweder in den unteren oder in den oberen Atmosphärenschichten erforscht. Die einzelnen Schichten der Atmosphäre befinden sich aber in einem ständigen Austausch. Deshalb untersuchen die Wissenschaftler jetzt das Entstehen, die Ausbreitung und schließlich das Brechen von Schwerewellen auf ihrem Weg durch die Atmosphäre. Schwerewellen entstehen in der Troposphäre und transportieren Energie und Impuls in die Strato- und Mesosphäre. Dort werden sie instabil und brechen, was Einfluss auf die Temperatur, die Luftzirkulation und langfristig auch auf das Klima hat. Um die dynamischen Prozesse zwischen den Schichten der Atmosphäre präzise beschreiben zu können, müssen die Schwerewellen in bestehenden Klima- und Wettermodellen entweder direkt berechnet oder ihre Effekte vereinfacht dargestellt werden.
Das Problem: Schwerewellen sind vergleichsweise sehr kleinräumige Phänomene und deshalb extrem schwer zu messen. „Bisher ist es noch niemandem gelungen, ihre Eigenschaften vollständig zu erfassen und korrekt in ein Klima- oder Wettervorhersagemodell zu integrieren“, erklärt Markus Rapp, Direktor des DLR-Instituts für Physik der Atmosphäre. „Durch die Kombination erprobter Messinstrumente mit der neu am DLR entwickelten Airglow-Kamera FAIM ist es uns gelungen, die Schwerewellen von ihrem Anregungsniveau in der unteren Atmosphäre bis zum Ort ihres Brechens in der oberen Atmosphäre zu verfolgen.“ Ein besseres Verständnis der Effekte von Schwerewellen auf Atmosphäre und Wetter hilft, exaktere Modelle für eine bessere Klimaforschung und eine präzisere, mittelfristige Wetterprognose zu erstellen.
Dazu fliegen die beiden Forschungsflugzeuge HALO und Falcon koordinierte Messflüge am nordschwedischen Nordpolarkreis. HALO fliegt dabei in 15 Kilometern Höhe in der Tropopause. Falcon hingegen fliegt wesentlich tiefer und richtet seine Messinstrumente zum Teil nach unten und zum Teil nach oben, in bis zu 85 Kilometer Höhe aus. Im Ergebnis orchestrieren die installierten Messinstrumente ein Gesamtbild des Schwerewellen-Phänomens. So konnte das Team das Luftleuchten und die sich darin auflösenden Schwerewellen vom Flugzeug aus beobachten. Dadurch ließ sich der Ausbreitungscharakter der Wellen ungleich besser erfassen. Und dadurch, dass die Forscher eine viel größere Untersuchungsfläche als in früheren Studien beobachten, können sie direkt zusehen, in welche Richtung sich die Schwerewellen ausbreiten.
DLR / RK