30.09.2016

Schwergewicht genau vermessen

Extrem sensitives Experiment liefert spektroskopische Daten von Nobelium-Isotopen.

Die Analyse von Atomspektren ist von grundlegender Bedeutung für das Verständnis der Struktur der Atome. Bislang waren die schwersten Elemente für Untersuchungen mit optischer Spektro­skopie nicht zugänglich, da sie weder in der Natur vorkommen, noch in wägbaren Mengen künstlich erzeugt werden können. An Atomen des Elements Nobelium mit der Ordnungs­zahl Z=102, die sie an der GSI-Beschleuniger­anlage erzeugten, ist es nun Wissenschaftlern erstmals gelungen einen Blick in den inneren Aufbau sehr schwerer Atome zu werfen. Mittels Laser­spektroskopie konnten sie einzelne Atome des Elements untersuchen und verschiedene atomare Anregungszustände nachweisen. Das Experiment wurde unter Leitung der Abteilung Super­schwere Elemente Physik am GSI Helmholtz­zentrum für Schwer­ionen­forschung von einer internationalen Kollaboration durchgeführt, an der unter anderem Wissenschaftler von GSI, der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz (JGU) und dem Helmholtz-Institut Mainz (HIM) beteiligt waren.

Abb.: Versuchsaufbau mit optischer Zelle (Bild: GSI)

Von den meisten der heute 118 bekannten Elemente sind die Energie­spektren bekannt. Die Elemente jenseits von Fermium, die Transfermium-Elemente, mit mehr als 100 Protonen im Kern und der entsprechend gleichen Zahl von Elektronen in der Elektronen­hülle, entziehen sich jedoch bisher den experimentellen Untersuchen. Doch gerade die relativistischen Effekte, ausgelöst durch die hohen Geschwindig­keiten, mit denen sich die Elektronen um Atomkerne mit einer derart hohen Protonen­zahl bewegen, und auch die Wechsel­wirkungen zwischen den zahlreichen Elektronen bestimmen maßgeblich die innere Struktur der Atome. Wie alle Transfermium-Elemente ist auch Nobelium experimentell nur sehr schwer zugänglich. Es kommt in der Natur nicht vor und lässt sich nur künstlich und in geringen Mengen erzeugen. Daher sind seine Eigenschaften und die innere Struktur weitest­gehend unbekannt.

Mit einer hochempfindlichen Methode, die am Institut für Physik und dem Institut für Kernphysik der Universität Mainz in der Arbeitsgruppe von Hartmut Backe und Werner Lauth seit Anfang der 1990er Jahre entwickelt wurde, ist es den Forschern nun erstmals gelungen, atomare Anregungs­zustände in Nobelium nachzuweisen und zu charakterisieren. „An der GSI-Beschleuniger­anlage haben wir durch den Beschuss dünner Blei-Folien mit Kalzium-Projektilen die Atom­kerne der Reaktions­partner zu dem Isotop Nobelium-254 verschmolzen. Am bei GSI betriebenen SHIP-Separator haben wir anschließend die Nobelium-Isotope isoliert und so eine Bestrahlung mit Laserlicht ermöglicht“, beschreibt Michael Block, Leiter der Abteilung Super­schwere Elemente Physik am GSI Helmholtz­zentrum und der Sektion Super­schwere Elemente Physik am HIM, das Experiment.

Abb.: Schematischer Aufbau des Experiments (Bild: GSI)

Die Energieabstände in der Elektronenhülle ermittelte das Team durch Variation der Energie des eingestrahlten Laserlichts. Passt der Abstand, wird das Laserlicht absorbiert und ein Elektron aus dem Atom entfernt, wodurch das Atom zum positiv geladenen Ion wird. Dieses Ion lässt sich anschließend anhand seines radioaktiven Zerfalls eindeutig nachweisen. „Der Experimentaufbau ist so sensitiv, dass für die Durchführung unserer Untersuchungen eine Erzeugungs­rate von wenigen Atomen pro Sekunde ausreichend ist. Dabei existieren die radio­aktiven Nobelium-Atome gerade mal 50 Sekunden, bevor sie wieder zerfallen“, sagt Mustapha Laatiaoui, GSI-Wissenschaftler und Leiter des Experiments.

Nachdem die Forscher den ersten atomaren Übergang in Nobelium-254 bestimmt hatten, konnten sie die Untersuchungen sogar auf das kurz­lebigere Isotop Nobelium-252 ausdehnen, das nur mit einer fünf­fach geringeren Produktions­rate als Nobelium-254 erzeugt werden kann. Die Messung der Energie­verschiebung eines atomaren Übergangs zwischen verschiedenen Isotopen liefert Informationen über die Größe und Form der jeweiligen Atomkerne.

Mit dem Experiment ist es erstmals gelungen, Untersuchungen der atomaren Struktur eines Transfermium-Elements am Beispiel Nobelium (Z= 102) mittels Laser­spektroskopie durchzuführen. Die extrem hohe Präzision, mit der man die Energien der atomaren Zustände in Laser-Experimenten messen kann, liefert die Basis für weitergehende theoretische Arbeiten und eröffnet neue Perspektiven für zukünftige Präzisions­experimente zur Messungen atomarer und nuklearer Eigenschaften instabiler Atomkerne im Bereich der super­schweren Elemente.

GSI / DE

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