Schwergewichtige Interferenz
Rekordverdächtige 2000 Atome in quantentypische Überlagerung gebracht.
Das vielleicht eleganteste Beispiel für die Wellennatur von Partikeln ist das Doppelspaltexperiment, bei dem die Wellenfunktion eines Partikels gleichzeitig zwei Schlitze durchläuft und dahinter interferiert. Dieser Effekt wurde für Photonen, Elektronen, Neutronen, Atome und sogar Moleküle demonstriert und wirft eine Frage auf, mit der Physiker und Philosophen seit den Anfängen der Quantenmechanik zu kämpfen haben: Wie gehen diese merkwürdigen Quanteneffekte in die klassische Welt über, mit der wir im Alltag vertraut sind?
Die Experimente von Markus Arndt und seinem Team an der Universität Wien nähern sich dieser Frage auf möglichst direkte Weise, indem sie Quanteninterferenzen mit immer massereicheren Objekten aufzeigen. Die Moleküle in den jüngsten Experimenten haben Massen von mehr als 25.000 atomaren Masseneinheiten, ein Vielfaches des vorherigen Rekordes. Eines der größten Moleküle, das durch das Interferometer geschickt wird, C707H260F908N16S53Zn4, besteht aus mehr als 40.000 Protonen, Neutronen und Elektronen mit einer de-Broglie-Wellenlänge, die tausendmal kleiner ist als der Durchmesser eines einzelnen Wasserstoffatoms.
Marcel Mayor und sein Team an der Universität Basel verwendeten spezielle Techniken, um derart massive Moleküle zu synthetisieren, die dennoch ausreichend stabil sind, um einen Molekularstrahl im Ultrahochvakuum zu bilden. Der Nachweis der Quantennatur solcher massenreichen Teilchen erforderte auch ein neues, zwei Meter langes Materiewelleninterferometer, das zu diesem Zweck in Wien gebaut wurde.
Eine Klasse von Modellen, die darauf abzielt, den vermeintlichen Übergang von einem Quanten- zu einem klassischen Regime in Einklang zu bringen, sagt voraus, dass die Wellenfunktion eines Teilchens spontan mit einer Rate zusammenbricht, die proportional zu dem Quadrat seiner Masse ist. Indem gezeigt wird, dass eine Überlagerung für ein schweres Teilchen für eine bestimmte Zeitdauer aufrechterhalten wird, wird daher direkt festgelegt, wie oft und wie lokalisiert der Kollapsvorgang sein kann. In diesen Experimenten blieben die Moleküle länger als sieben Millisekunden in einer Überlagerung – genug um alternative Quantenmodelle mit neuen interferometrischen Grenzen zu versehen.
Ein als Makroskopizität bezeichnetes, verallgemeinertes Maß wird verwendet, um zu klassifizieren, wie gut alternative Modelle durch solche Experimente ausgeschlossen werden. Die Experimente stellen in der Tat eine Zunahme der Makroskopizität um eine Größenordnung dar. „Unsere Experimente zeigen, dass die Quantenmechanik, bei all ihrer Verrücktheit, auch erstaunlich robust ist und ich bin optimistisch, dass zukünftige Experimente sie in noch größerem Maßstab testen werden“, sagt Yaakov Fein.
U. Wien / DE