Sechseckige Wassermoleküle
Tunneleffekte sorgen für einen neuartigen Zustand von Wasser.
Wasser ist die Grundlage aller uns bekannten Lebensformen. Das verdankt sich den ungewöhnlichen und vielfältigen Eigenschaften, die dieses eigentlich simple Molekül besitzt. Besonders bedeutend hierbei sind die räumliche Asymmetrie und die dadurch bedingte elektrische Polarität, aufgrund derer Wasser hervorragende Eigenschaften als Lösungsmittel besitzt. Der Grund hierfür liegt darin, dass einerseits das Sauerstoffatom etwas negativ geladen ist, während andererseits die beiden Protonen leicht positive Ladung aufweisen und sich beide auf einer Seite vom Sauerstoff befinden.
Abb.: Im hexagonalen Kristallgitter von Beryll (durch grüne Striche angedeutet) lassen sich einzelne Wassermoleküle einsperren. Durch Tunneleffekte verteilen sich die Protonen (hellblau) symmetrisch. Rechts die theoretisch zu erwartende Wellenfunktion. (Bild: A. I. Kolesnikov et al.)
Wenn sich diese Konfiguration ändern ließe, müsste auch das elektrische Dipolmoment verschwinden. Nun war bisher zwar aus verschiedenen Studien zu atomarem Wasserstoff in Metallen oder von Methyl- und Ammoniak-
Neutronenstreu-Experimente eignen sich besonders gut zur Aufklärung solcher Fragen, weil sie einerseits empfindlich für Tunneleffekte und Vibrationsmoden sind und andererseits Neutronen einen großen Wirkungsquerschnitt mit Protium besitzen. Die Forscher testeten ihre Proben sowohl mit niederenergetischen Neutronen im Millielektronenvolt-
Wie die Wissenschaftler überrascht feststellten, wiesen sowohl die Messdaten als auch ab-
Aufgrund der Symmetrie kann dieses Molekül auch kein Dipolmoment mehr besitzen. Um auszuschließen, dass es sich bei den gemessenen Neutronenverteilungen um verfälschende Vibrationsmoden handeln könnte, nahmen die Wissenschaftler die Spektren auch bei verschiedenen Temperaturen auf. Bei einer Temperaturerhöhung von fünf auf fünfzig Kelvin verringerten sich die Spitzen der Spektren. Das ist ein gutes Indiz für den Tunneleffekt, denn Vibrationsübergänge zeigen entgegengesetztes Verhalten. Ein weiteres Indiz war die mittlere kinetische Energie der Protonen. Im Beryll war sie rund dreißig Prozent geringer als in flüssigem oder gefrorenem Wasser. Nach der Unschärferelation weist das darauf hin, dass die Protonen räumlich weniger eingeengt sind, da sie sich aufgrund des Tunneleffekts an sechs Orten zugleich aufhalten können.
In Zukunft wollen die Forscher diesen sonderbaren Effekt auch mit Deuterium untersuchen. Der Effekt nimmt wegen der höheren Masse zwar deutlich ab: Aufgrund der exponentiellen Abhängigkeit erwarten die Forscher eine rund zehnfach schwächere Aufspaltung. Hinzu kommt der schlechtere Neutronen-
Dirk Eidemüller
Weitere Infos
Weitere Beiträge
RK