22.03.2012

Seismische Tomografie: Mit Schall die Erde „durchleuchten“

Florian Bleibinhaus ist neuer Professor für Angewandte Geophysik der Universität Jena.

In der Medizin ist es heute ganz einfach: Will der Arzt wissen, ob ein Patient eine innere Verletzung hat, dann ordnet er eine Computertomographie an. Die Röntgenstrahlen durchleuchten den Körper des Patienten und geben so den Blick frei in sein Inneres. Ein ganz ähnliches Prinzip des „Durchleuchtens“ machen sich Geowissenschaftler zunutze. Um Einblicke in unseren Planeten zu erhalten, schicken sie allerdings keine Röntgenstrahlung durch die Erde, sondern seismische Wellen. „Ein wichtiger Teil davon sind Schallwellen. Diese breiten sich zunächst in alle Richtungen aus, und werden dann – je nach Beschaffenheit des Untergrunds – gebeugt und reflektiert und lassen sich an anderer Stelle messen“, erläutert Florian Bleibinhaus von der Friedrich-Schiller-Universität Jena das Prinzip der „seismischen Tomographie“. Der neu ernannte Professor für Angewandte Geophysik ist auf Untersuchungen des Erdinneren mit Hilfe seismischer Methoden spezialisiert.

Abb.: Florian Bleibinhaus. (Bild: A. Günther / FSU)

Eine mögliche Quelle von seismischen Wellen für solche Messverfahren liefert die Erde selbst: Erdbeben. Wenn ein Beben die Erde erschüttert, wie gerade wieder in Mexiko, dann laufen die Wellen durch die ganze Erde und lassen sich z. B. auch in Thüringen messen. Zur Erforschung der Erdkruste erzeugen die Forscher die Wellen meist selber, indem sie gezielt Explosionen zünden oder mit gewaltigen Vibratorfahrzeugen die Erde in Schwingungen versetzen. „Seismische Untersuchungen liefern wichtige Informationen etwa zu Rohstofflagerstätten“, erläutert Bleibinhaus, der Anfang des Monats von der Uni Salzburg an die Universität Jena wechselte.

Florian Bleibinhaus hat in München studiert und wurde 2003 an der dortigen Ludwig-Maximilians-Universität auch promoviert. Schon in seiner Doktorarbeit nutzte er seismische Methoden, um die tieferen Strukturen der Ostalpen zu erforschen. Neben der Entwicklung und Anwendung seismischer Verfahren erforscht Bleibinhaus auch die heimische Erdbebenaktivität. Die unterscheidet sich zum Teil stark von den klassischen Beben, die etwa rund um den Pazifik auftreten und durch die Bewegung von Kontinentalplatten verursacht werden. „Am Alpennordrand, aber beispielsweise auch im Vogtland, finden wir sogenannte Schwarmbeben“, sagt der 45-Jährige. Wie es ihr Name schon andeutet, treten diese nicht unvermittelt und vereinzelt, sondern als langsam an- und wieder abschwellende Bebensequenzen auf, in der es meist kein herausragendes Einzelbeben gibt. „Schwarmbeben können entstehen, wenn Fluide durch die Erdkruste strömen, etwa weil sie aus dem Erdmantel aufsteigen. In Karstgebieten wurden aber auch schon Schwärme beobachtet, die durch Niederschlagswasser von Starkregenereignissen ausgelöst wurden“, so Bleibinhaus.

FSU / PH

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