12.10.2006

Sekunden nach dem Urknall

Die Kondensation der Quarks kurz nach dem Urknall ist wahrscheinlich eher schleichend abgelaufen.



Die Kondensation der Quarks kurz nach dem Urknall ist wahrscheinlich eher schleichend abgelaufen - gemäß einem Phasenwechsel zweiter Ordnung.

Wuppertal/Budapest (Ungarn) - Das Alter des Universums wird aufgrund der Hintergrundstrahlung auf etwa 13,7 Milliarden Jahre geschätzt. Trotz dieser enormen Zeitspanne schauen Astrophysiker gerne auf die ereignisreichen, allerersten Sekunden nach dem Urknall. Wie deutsche und ungarische Teilchenphysiker jetzt in der Zeitschrift „Nature“ berichten, vereinigten sich freie Quarks und Gluonen beim Abkühlen zwar schnell zu Protonen und Neutronen. Die Forscher wollen aber nicht mehr von einem plötzlichen Phasensprung sprechen.

„Unsere Analyse zeigt, dass der Übergang im frühen, heißen Universum nicht wirklich ein Phasenübergang war“, schreiben Sandor Katz und seine Kollegen von der Eötvos Universität in Budapest und von der Universität Wuppertal. Die Theorie der Quantenchromodynamik (QCD), die die starke Wechselwirkung zwischen Quarks und Gluonen in den Kernpartikeln wie Neutron oder Proton beschreibt, erlaubte bislang reichlich Spielraum für diese Frühphase nach dem Urknall, bei der Temperaturen von rund zehntausend Milliarden Grad herrschten. Obwohl mit der QCD verlässliche Gleichungen zur Berechnung der Kondensation von Quarks und Gluonen zu schwereren Teilchen wie Mesonen, Protonen und Neutronen zur Verfügung stehen, gestaltete sich deren Lösung als schwierig.

Abb.: Die Kondensation der Quarks im frühen Universum ist eher schleichend gemäß einem Phasenwechsel zweiter Ordnung abgelaufen (rund 10 µs nach dem Urknall). (Quelle: Sandor Katz et al.)

Katz und Kollegen präsentieren nun ein neues Ergebnis: Bislang favorisierten viele Teilchen- und Astrophysiker den abrupten Phasenwechsel erster Ordnung. Doch jetzt scheint, dass die Kondensation der Quarks eher schleichend gemäß einem Phasenwechsel zweiter Ordnung abgelaufen ist. Damit würden große mögliche Dichteschwankungen in der kosmischen Ursuppe einhergehen.

So schlüssig die Resultate der ungarischen Physiker sind, sie beinhalten auch einen Wermutstropfen: Wegen der langsameren, kontinuierlichen Kondensation werde es schwierig, diese Behauptung mit astronomischen Messungen belegen zu können. „Es wird schwierig sein, experimentelle Hinweise für diesen Übergang aus astronomischen Beobachtungen zu gewinnen“, schreibt Katz.

Wertvolle Daten liefern dagegen energiereiche Teilchenkollisonen in Beschleunigern wie dem RHIC (Relativistic Heavy Ion Collider) im Brookhaven National Laboratory in Upton auf Long Island. Auch der 2007 in Betrieb gehende Large Hadron Collider am CERN in Genf soll die kosmische Frühphase mit freien Quarks und Gluonen in Grenzen genauer nachstellen können. Frank Wilczek vom Center for Theoretical Physics am Massachusetts Institute of Technology erwartet eine dramatische Konfrontation von Theorie und Experiment zur Frage, was während der allerersten Sekunden nach dem Urknall wirklich geschah.

Jan Oliver Löfken

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