Selbst Quanten scheitern am Millionärsproblem
Bei Verfahren wie Online-Auktionen kann es keinen absolut sicheren Datenaustausch geben – auch nicht per Quantenkommunikation!
Wer einmal an einer Online-Auktion teilgenommen hat, weiß aus eigener Erfahrung: Man gibt sein Gebot ab, wobei die gebotene Summe sowie die Details der eigenen Person anonym bleiben sollen. Die Frage, die sich stellt: Ist absolute Vertraulichkeit bei einem solchen Informationsaustausch möglich? Den Servern des Auktionshauses kann man schließlich nicht restlos trauen. Daher wäre eine Auktion, im einfachsten Fall zwischen nur zwei Bietenden ohne das Auktionshaus als Gegenstelle, grundsätzlich sicherer. Aber wie kann man dann überhaupt den sicheren Datenaustausch zwischen den Bietenden garantieren?
Diese Frage stellte sich der chinesische Computerwissenschaftler Andrew Yao vor dreißig Jahren. Forscher fassen seitdem diese Art von Fragestellung unter dem Begriff des Millionärsproblems zusammen: Zwei vermögende Person wollen ihre Besitztümer vergleichen, ohne dass die jeweils andere Partei erfährt, wieviel man selbst besitzt. Im Jargon der Mathematik spricht man in diesem Zusammenhang von der sicheren Zwei-Parteien-Berechnung einer Funktion. Die Funktion würde mit den Eingaben der zwei Bietenden eine Berechnung ausführen und das Resultat an die beiden Parteien ausgeben. Im Fall der Online-Auktion besteht die Berechnung einfach darin, die beiden Gebote zu vergleichen und das höhere Gebot als Ergebnis auszugeben.
Mit den Mitteln, die die klassische Physik für die Verschlüsselung von Information zur Verfügung stellt, ist bereits der sichere Informationsaustausch aussichtslos. Mit einem genügend ausgeklügelten Dechiffrierverfahren wird es immer gelingen, die Daten zu stehlen. Anders verhält es sich, wenn man die Quantenmechanik heranzieht. Mit deren Hilfe lassen sich Lauschangriffe in bestimmten Situationen aufdecken. So ist es beispielsweise per Quantenkryptographie möglich, zwei Parteien einen Code zum ver- und entschlüsseln einer Nachricht austauschen zu lassen, ohne dass ein Dritter unbemerkt mithören kann, etwa, wenn sie den Code mittels Photonen verschicken.
Kann die Quantenphysik auch helfen, sicher zu berechnen, welcher von zwei Millionären mehr verdient oder welches Auktionsgebot das höchste ist? Zur Illustration des Gedankenexperiments führen wir zwei virtuelle Millionäre ein: Alice und Bob. Beide möchten herausfinden, wer reicher ist. Bob könnte zu Alice sagen, wieviel Geld er auf seinem Konto hat. Alice überprüft, ob Bobs Vermögen grösser als ihr eigenes ist und antwortet ihm, indem sie nur bekanntgibt, ob sie mehr oder weniger Geld hat als Bob. Nur hat Bob dann preisgegeben, wieviel er besitzt.
„Diese Vorgehensweise ist zugegebenermassen recht naiv“, sagt Matthias Christandl, Professor für Quanteninformationstheorie. Nun stelle sich die Frage, ob es eine andere, cleverere Möglichkeit gäbe, dieses Problem zu lösen, ohne dass Bob alles über seinen Besitzstand verraten müsse. „Wir konnten nun den mathematischen Beweis erbringen, dass das nicht so ist – nicht einmal mit Hilfe der Quantenmechanik, also selbst wenn Alice und Bob sich Photonen zuschicken können.“
Für den Spezialfall einer Online-Auktion bedeutet das, dass es auch dort keine hundertprozentige Sicherheit beim Datenaustausch geben kann. Eine an unseren Daten interessierte Partei wird jedenfalls von den Gesetzen der Physik nicht daran gehindert, uns unbemerkt „in die Karten zu schauen“.
Dies zeigt somit Grenzen der Kommunikation mit Quanten auf, es lässt aber auch den Weg erkennen, den zukünftige Untersuchungen in der Quantenkryptographie einschlagen sollten. Denn jedes aussichtsreiche Austausch-Protokoll zwischen zwei nicht vertrauenswürdigen Kommunikationspartnern muss zumindest teilweise auf quantenmechanischen Zufall angewiesen sein. Diese wichtige Rolle des Zufalls wird auch von anderen kürzlich publizierten Arbeiten angedeutet.
Ein typisches in diesem Zusammenhang auftretendes Problem ist die quantenmechanische Generierung von Zufallszahlen. Viele für die Wissenschaft essentielle Computersimulationsmethoden wie etwa die Monte-Carlo-Methode basieren auf der Generierung von echten Zufallszahlen. „Unsere Arbeit bestätigt, dass die Quantenkryptographie gerade bei diesen Münzwurf-Aufgaben, also wenn es darum geht, Zufallszahlen zu erzeugen, ihre Stärken ausspielen kann. In diese Richtung wird sich in Zukunft ein immer weiteres Forschungsfeld für die Quantenkryptographie auftun“, betont Christandl.
ETH / OD