Seltene Erden in der Atmosphäre eines Exoplaneten
KELT-9 b zeigt Signaturen der seltenen Erden Scandium und Yttrium in der Atmosphäre.
KELT-9 ist ein Stern, der sich 650 Lichtjahre von der Erde entfernt im Sternbild Cygnus (Schwan) befindet. Sein Exoplanet KELT-9b ist der bislang extremste dieser „heißen Jupiter“, weil er sehr eng um seinen Stern kreist, der fast doppelt so heiß ist wie die Sonne. Seine Atmosphäre erreicht dadurch eine Temperatur von etwa 4.000 Grad Celsius. Bei dieser Hitze werden alle Elemente fast vollständig verdampft und Moleküle werden in ihre Atome zerlegt. Das bedeutet, dass die Atmosphäre von KELT-9b keine Wolken oder Aerosole enthält, der Himmel klar und meist durchlässig für das Licht seines Sterns ist.

Die Atome in der Atmosphäre des Exoplaneten absorbieren jeweils einen Teil des Lichts des Sterns. Diese Absorption kann mit einem empfindlichen Spektrografen gemessen werden, der auf einem großen Teleskop montiert ist. Daraus können Astronomen die chemische Zusammensetzung der Atmosphäre von Exoplaneten ableiten, auch wenn sie viele Lichtjahre entfernt sind. Bereits im August 2018 machten Forschere des Nationalen Forschungsschwerpunkts PlanetS der Universitäten Bern und Genf mit dieser Technik eine interessante Entdeckung: „Wir benutzten den HARPS-North Spektrografen auf dem italienischen Telescopio Nazionale Galileo auf der Insel La Palma. Damals fanden wir Eisen- und Titanatome in der heißen Atmosphäre von KELT-9 b“, sagt Kevin Heng, Direktor am Center for Space and Habitabilty (CSH) an der Universität Bern und Mitglied des Nationalen Forschungsschwerpunkts PlanetS.
Das Team beobachtete das KELT-9-System ein zweites Mal, mit dem Ziel, die bisherigen Erkenntnisse zu bestätigen, aber auch um nach zusätzlichen Elementen zu suchen. Die Forscher untersuchten die Daten nach 73 Atomen, darunter auch seltene Erden. Diese Metalle kommen auf der Erde nur selten vor und werden in modernen Materialien und Geräten eingesetzt. Jens Hoeijmakers, Postdoc am CSH sowie am Astronomy Department der Universität Genf, sagt: „Wir gingen davon aus, dass das Spektrum dieses Planeten eine Fundgrube sein könnte. Wir hofften, Elemente zu finden, die bisher noch nie in der Atmosphäre eines Exoplaneten beobachtet worden waren.“ Tatsächlich fanden die Forscher starke Signale von verdampftem Natrium, Magnesium, Chrom und der seltenen Erden Scandium und Yttrium im Spektrum des Planeten – wobei die letzten drei noch nie zuvor in der Atmosphäre eines Exoplaneten nachgewiesen worden sind. „Wir können aufgrund unserer Analysen nun auch abschätzen, in welcher Höhe in der Atmosphäre des Planeten die Atome das Licht absorbieren“, sagt Hoeijmakers. Zudem wisse man nun mehr über die Winde hoch in der Atmosphäre, die Atome von einer Hemisphäre zur anderen blasen.
„Wir möchten mit dieser Technik noch viel mehr über die Atmosphäre dieses Exoplaneten aber auch anderer Planeten erfahren, die ähnlich hohe Temperaturen aufweisen wie KELT-9 b“, so Hoeijmakers. Kevin Heng ergänzt: „Die Chancen stehen gut, dass wir mit derselben Technik dereinst sogenannte Biosignaturen, also Anzeichen für Leben, auf einem Exoplaneten finden werden. Letztendlich wollen wir mit unserer Forschung die Entstehung und Entwicklung des Sonnensystems sowie den Ursprung des Lebens ergründen.“
U. Bern / JOL