Seltsamer weißer Zwerg, seltsame Supernova
Erstmals Überrest einer leuchtschwachen Sternexplosion aufgespürt.
Supernovae des Typs Ia sind von besonderer Bedeutung für die Astrophysik: Bei diesen Sternexplosionen hängt der zeitliche Verlauf der Helligkeit unmittelbar mit der maximalen Leuchtkraft der Supernova zusammen. Aus der Lichtkurve können Astronomen deshalb auf die wahre Helligkeit einer Supernova und dann aus der gemessenen scheinbaren Helligkeit auf ihre Entfernung schließen. Als „Standardkerzen“ dienen Supernovae des Typs Ia daher zur Vermessung des Kosmos.
Abb.: Materie von einem normalen Stern strömt auf einen weißen Zwerg. Überschreitet der weiße Zwerg dadurch sein Massenlimit, so kommt es zu einer thermonuklearen Explosion - einer Supernova. (Bild: Russell Kightley, scientific
Zwar gehen die Astrophysiker heute davon aus, dass es sich bei Supernovae des Typs Ia um thermonukleare Explosionen weißer Zwerge handelt, die durch die Akkretion von Materie die Chandrasekhar-
Um die Lage noch verzwickter zu machen, leuchten am Himmel ab und an Supernovae auf, die zwar jenen des Typs Ia ähneln, aber erheblich leuchtschwächer sind. Einerseits müssen die Astronomen diese als „Iax“ bezeichneten Sternexplosionen bei der Vermessung säuberlich von den normalen Supernovae des Typs Ia trennen. Andererseits aber bieten diese exotischen Himmelserscheinungen aber auch Möglichkeiten, dem Mechanismus der Explosionen der weißen Zwerge auf die Spur zu kommen. Denn der Verdacht liegt nahe, dass die leuchtschwachen Supernovae ihren helleren Verwandten nicht nur ähneln, sondern auf dem gleichen Szenario beruhen – wobei die Explosion allerdings durch einen bislang unbekannten Prozess gestört wird.
Wiederum gibt es zahlreiche theoretische Modelle, um diesen abgeschwächten Verlauf der Explosionen zu erklären. Allen gemein ist, dass es in diesem Fall einen Überrest gibt – der weiße Zwerg entgeht der völligen Zerstörung. Zurück bleibt ein ungewöhnlich massearmer weißer Zwerg mit ungewöhnlicher chemischer Zusammensetzung – da es sich im Wesentlichen um den Kern des ursprünglichen Zwergsterns handelt. Da die Explosion vermutlich asymmetrisch verläuft, sollte der Überrest zudem einen „Kick“ bekommen, einen gewaltigen Stoß, der ihn mit hoher Geschwindigkeit aus seinem Ursprungssystem heraus katapultiert. Soweit die Theorie.
Stéphane Vennes vom Astronomischen Institut der tschechischen Akademie der Wissenschaften und seine Kollegen haben jetzt möglicherweise erstmals tatsächlich den Überrest einer Supernova des Typs Iax entdeckt. Die Forscher präsentieren Beobachtungen des etwa tausend Lichtjahre entfernten weißen Zwergs LP 40-365 mit dem vier Meter großen Mayall-
Die Beobachtungen zeigen außerdem, dass seine Masse lediglich etwa 15 Prozent der Sonnenmasse beträgt und er dass er hauptsächlich aus mittelschweren Elementen wie Magnesium, Natrium und Sauerstoff besteht. Zudem spricht seine hohe Rotationsgeschwindigkeit dafür, dass seine Eigendrehung durch den Zustrom von Materie – vermutlich von einem anderen Stern – beschleunigt worden ist. Und dieser Zuwachs an Materie hätte dann auch zu der Explosion des weißen Zwergs geführt. Das alles deute also darauf, so Vennes und seine Kollegen, dass man mit LP 40-365 tatsächlich erstmalig den seltsamen Überrest einer seltsamen Supernova aufgespürt habe. Weitere Beobachtungen, so die Hoffnung der Forscher, könnten dann Aufschluss darüber geben, welche Vorgänge tatsächlich die vollständige Zerstörung des weißen Zwergs bei einer leuchtschwachen Supernova des Typs Iax verhindern.
Rainer Kayser
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