18.08.2017

Seltsamer weißer Zwerg, seltsame Supernova

Erstmals Überrest einer leucht­schwachen Stern­explosion auf­ge­spürt.

Supernovae des Typs Ia sind von besonderer Bedeutung für die Astro­physik: Bei diesen Stern­explo­sionen hängt der zeit­liche Verlauf der Hellig­keit unmittel­bar mit der maxi­malen Leucht­kraft der Super­nova zusammen. Aus der Licht­kurve können Astro­nomen deshalb auf die wahre Hellig­keit einer Super­nova und dann aus der gemes­senen schein­baren Helligkeit auf ihre Ent­fer­nung schließen. Als „Standard­kerzen“ dienen Super­novae des Typs Ia daher zur Ver­messung des Kosmos.

Abb.: Materie von einem normalen Stern strömt auf einen weißen Zwerg. Über­schreitet der weiße Zwerg dadurch sein Massen­limit, so kommt es zu einer thermo­nuklearen Explosion - einer Super­nova. (Bild: Russell Kightley, scientific.pictures)

Zwar gehen die Astrophysiker heute davon aus, dass es sich bei Super­novae des Typs Ia um thermo­nukleare Explo­sionen weißer Zwerge handelt, die durch die Akkre­tion von Materie die Chandra­sekhar-Grenz­masse über­schreiten. Doch die Einzel­heiten des Vorgangs liegen noch im Dunkeln. Stammt die Materie von einem roten Riesen? Oder von einem weiteren weißen Zwerg? Oder kommt es gar durch die Kolli­sion zweier weißer Zwerge zu der Explo­sion? Auf­schluss könnte die Ent­deckung eines Vor­läufer-Systems einer Super­nova Ia in Archiv­daten liefern, aber das ist bis­lang nicht gelungen. Zudem zerstört die Explo­sion den weißen Zwerg voll­ständig, es gibt also auch keinen Über­rest, der Hinweise auf seinen ursprüng­lichen Zustand liefern könnte.

Um die Lage noch verzwickter zu machen, leuchten am Himmel ab und an Super­novae auf, die zwar jenen des Typs Ia ähneln, aber erheb­lich leucht­schwächer sind. Einer­seits müssen die Astro­nomen diese als „Iax“ bezeich­neten Stern­explo­sionen bei der Vermes­sung säuber­lich von den normalen Super­novae des Typs Ia trennen. Anderer­seits aber bieten diese exo­tischen Himmels­erschei­nungen aber auch Möglich­keiten, dem Mecha­nismus der Explo­sionen der weißen Zwerge auf die Spur zu kommen. Denn der Verdacht liegt nahe, dass die leucht­schwachen Super­novae ihren helleren Ver­wandten nicht nur ähneln, sondern auf dem gleichen Szenario beruhen – wobei die Explo­sion aller­dings durch einen bislang unbe­kannten Prozess gestört wird.

Wiederum gibt es zahlreiche theoretische Modelle, um diesen abge­schwächten Verlauf der Explo­sionen zu erklären. Allen gemein ist, dass es in diesem Fall einen Über­rest gibt – der weiße Zwerg entgeht der völligen Zer­störung. Zurück bleibt ein unge­wöhn­lich masse­armer weißer Zwerg mit unge­wöhn­licher chemischer Zusammen­setzung – da es sich im Wesent­lichen um den Kern des ursprüng­lichen Zwerg­sterns handelt. Da die Explo­sion vermut­lich asymme­trisch verläuft, sollte der Über­rest zudem einen „Kick“ bekommen, einen gewal­tigen Stoß, der ihn mit hoher Geschwin­dig­keit aus seinem Ursprungs­system heraus kata­pul­tiert. Soweit die Theorie.

Stéphane Vennes vom Astronomischen Institut der tschechischen Akademie der Wissen­schaften und seine Kollegen haben jetzt möglicher­weise erst­mals tatsäch­lich den Über­rest einer Super­nova des Typs Iax entdeckt. Die Forscher präsen­tieren Beobach­tungen des etwa tausend Lichtjahre ent­fernten weißen Zwergs LP 40-365 mit dem vier Meter großen Mayall-Teleskop am Observa­torium Kitt Peak in den USA. Aufge­fallen ist der Stern den Wissen­schaftlern aufgrund seiner hohen Eigen­bewegung: Er bewegt sich mit etwa 550 Kilo­metern pro Sekunde durchs All – dass ist höher als die Flucht­geschwin­dig­keit in unserer Milch­straße.

Die Beobachtungen zeigen außerdem, dass seine Masse lediglich etwa 15 Prozent der Sonnen­masse beträgt und er dass er haupt­säch­lich aus mittel­schweren Elementen wie Magnesium, Natrium und Sauer­stoff besteht. Zudem spricht seine hohe Rota­tions­geschwin­dig­keit dafür, dass seine Eigen­drehung durch den Zustrom von Materie – vermut­lich von einem anderen Stern – beschleu­nigt worden ist. Und dieser Zuwachs an Materie hätte dann auch zu der Explo­sion des weißen Zwergs geführt. Das alles deute also darauf, so Vennes und seine Kollegen, dass man mit LP 40-365 tatsäch­lich erst­malig den selt­samen Überrest einer selt­samen Super­nova aufge­spürt habe. Weitere Beob­ach­tungen, so die Hoff­nung der Forscher, könnten dann Auf­schluss darüber geben, welche Vor­gänge tatsäch­lich die voll­ständige Zer­stö­rung des weißen Zwergs bei einer leucht­schwachen Super­nova des Typs Iax verhindern.

Rainer Kayser

RK

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