21.02.2017

Sensoren mit Adlerblick

3D-Druck produziert extrem leistungsfähiges Linsen­system.

Adler sind in der Lage, aus drei Kilometern Höhe eine Maus auf einer Wiese zu erkennen. Gleich­zeitig haben Adler ein sehr weites Sicht­feld, damit sie feind­liche Vögel und andere Tiere, die sich von der Seite nähern, wahr­nehmen können. Der Grund für den sprich­wört­lichen Adler­blick sind extrem viele Seh­zellen in der zentralen Fovea. Zusätz­lich haben Adler eine zweite Fovea am Augen­rand, die für scharfe Sicht nach den Seiten sorgt. Ähn­liches hätte der Autofahrer gern für sein selbst­fahrendes Fahr­zeug: Nach vorne soll seine Kamera besonders scharf sehen, Hinder­nisse erkennen und den Abstand zum Vorder­mann ein­schätzen. Trotz­dem soll aber auch zur Seite hin das Sicht­feld im Blick gehalten werden. Bisher brauchte man dazu eine ganze Reihe von Kameras und Sensoren rund um das Fahr­zeug oder eine rotie­rende Kamera auf dem Dach.

Abb.: Detailfoto der vier verschiedenen Linsen auf dem CMOS-Sensor­chip. (Bild: U. Stutt­gart)

Simon Thiele und seine Kollegen um Harald Giessen von der Uni Stutt­gart haben jetzt einen Sensor ent­wickelt, der dieses Adler­auge auf kleiner Fläche nach­bildet. Die Forscher druckten direkt auf einen hoch­auf­lösenden CMOS-Chip einen ganzen Satz von Mikro-Objektiv­linsen, die ver­schie­dene Brenn­weiten und Sicht­felder haben. Die kleinste Linse hat eine Brenn­weite, die einem Weit­winkel­objektiv ent­spricht, dann folgen zwei Linsen mit eher mitt­lerem Sicht­feld, und die größte Linse hat eine sehr lange Brenn­weite und ein kleines Sicht­feld, wie ein typisches Tele­objektiv.

Der 3D-Drucker stellt die Linsen mithilfe der Zweiphotonen-Polymerisation pass­genau direkt auf dem CMOS-Chip her. Bei diesem Ver­fahren werden zwei Photonen aus einem roten Femto­sekunden-Laser­puls im Foto­lack absor­biert und wirken wie ein blaues Photon, das den Ver­netzungs­prozess im flüs­sigen Foto­lack in Gang setzt. Mit­hilfe eines Scanners wird so Lage um Lage der Frei­form-Linsen­struktur geschrieben.

Alle vier Bilder, die die Linsen auf dem Chip erzeugen, werden gleich­zeitig elektro­nisch ausge­lesen und verar­beitet. Dabei setzt ein kleines Computer­pro­gramm das Bild so zusammen, dass im Zentrum das hoch­auf­lösende Bild des Tele­objektivs darge­stellt wird und ganz außen das Bild des Weit­winkel­objektivs. Die Forscher testeten ihre neu­artige Kamera an verschie­denen Test­objekten und konnten die Verbes­serung der Auf­lösung im Zentrum dieses „foveated imaging“-Systems klar nach­weisen.

Da das gesamte Sensorsystem nur wenige Quadratmillimeter groß ist – die Linsen haben Durch­messer im Bereich von hundert bis wenigen hundert Mikro­metern – könnten neben der Auto­mobil­industrie auch neu­artige Mini­drohnen von der Techno­logie profi­tieren. Die Sensoren sind schon jetzt mit einem kleinen Mini­computer ver­bunden, der eine eigene IP-Adresse hat und der direkt über das Smart­phone ange­sprochen und ausge­lesen werden kann. Somit ist das System bereits für Anwen­dungen der Industrie 4.0 geeignet.

U. Stuttgart / RK

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