09.09.2021

Silberelektroden aus dem Drucker

Extrem dünne organische Deckschicht auf Silberelektroden verbessert die Kontaktfähigkeit.

Elektronik auf Kunststoffbasis – was klingt wie Science Fiction, rückt dank der jüngsten Entdeckung von Marburger Physikern der Alltags­tauglichkeit näher. Die elektrische Leistungs­fähigkeit von Silber­elektroden verbessert sich, wenn man sie zuvor mit extrem dünnen Molekül­filmen beschichtet. Das gilt sowohl für hoch­geordnete kristalline als auch für ungeordnete Silber­elektroden, wie Felix Widdascheck, Daniel Bischof und Gregor Witte von der Philipps-Universität nun berichten.

 

Abb.: Der Doktorand Felix Widdascheck entwickelte eine Methode, mit der sich...
Abb.: Der Doktorand Felix Widdascheck entwickelte eine Methode, mit der sich druckbare Silber­elektroden verwirklichen lassen. (Bild: M. Dreher)

„Unsere Ergebnisse ermöglichen es, Silberkontakte auf flexible Plastik­substrate aufzudrucken, ohne die Leistungs­fähigkeit durch große Kontakt­widerstände zu den organischen Halbleitern zu stark einzuschränken“, erklärt Gregor Witte, der die Forschungs­arbeiten leitete. Organische Elektronik gilt als Technik der Zukunft: Ihre Bauteile lassen sich preisgünstig produzieren. Da diese biegsam sind, erlauben sie neuartige Anwendungen, seien es Plastik-Etiketten mit elektronischen Schaltungen, faltbare Displays oder ähnliches.

Metalltinten machen es dabei möglich, Leiter und Kontakte auf Kunststofffolien zu drucken, bevor hierauf dann die organischen Halbleiter aufgebracht werden. Um eine leitfähige Schicht zu erhalten, muss der gedruckte Metall­kontakt noch erhitzt werden, ohne freilich das Plastik­substrat zu schmelzen. Verwendet man Silber- statt Goldtinte, verringert sich die erforderliche Temperatur. „Silber bringt jedoch den Nachteil einer geringen Austrittsarbeit mit sich, was zu großen Kontaktwiderständen zu den organischen Halbleitern und damit zu hohen Energie­verlusten führt“, legt Witte dar. Die Austrittsarbeit ist erforderlich, um Elektronen aus der Elektrode herauszulösen.

Zur Lösung des Problems verwendete das Team organische Akzeptor-Moleküle, um sie als extrem dünne Schicht auf die Silberelektroden aufzutragen. Damit verfolgte die Forschungsgruppe das Ziel, die Kontakt­widerstände zu den organischen Halbleitern zu reduzieren.

Als Deckschicht oder „Contact Primer“ wählten Witte und sein Team chemische Verbindungen aus der Klasse der fluorierten Cyanoquino­dimethane, die sie als Monolage auftrugen – darunter versteht man eine Schicht, die nur aus einer einzigen Lage geordneter Moleküle besteht, „etwa ein millionstel Mal so dick wie ein menschliches Haar“, wie Mitverfasser Daniel Bischof aus Wittes Arbeitsgruppe erläutert. „Die Verwendung der organischen Monoschichten führt dazu, dass sich die Austritts­arbeit der Silberelektroden auf bis zu 5,6 eV erhöht“, legt Erstautor Felix Widdascheck dar.

Um die Struktur und Herstellungsbedingungen solch dünner Schichten genau zu untersuchen, verwendeten die Wissenschaftler zunächst kristalline Silberelektroden, da dies auch eine hochauflösende mikroskopische Abbildung der Molekül­schichten erlaubt. Dabei erlebten sie eine Überraschung: „Wir beobachteten, dass es bei der Beschichtung der Silberkontakte mit den molekularen Deckschichten zu einer spontanen Durchmischung mit dem Silbersubstrat kommt, so dass sich eine metall­organische Mischphase bildet, deren Dicke sich über mehr als hundert Moleküllagen erstreckt“, berichtet Widdascheck. „Sie lässt sich jedoch kontrolliert verdampfen, so dass nur noch eine etwas stärker gebundene Monolage übrigbleibt.“

„Mit Hilfe unserer detaillierten Herstellungsprotokolle ist es nun möglich, auch gedruckte Silberkontakte so zu modifizieren, dass sich gedruckte organische Elektronik durch Kenntnis der erforderlichen Prozesstemperatur ohne aufwändige Kontrolle der Dicke dieser Deckschicht verwirklichen lässt“, fasst Witte zusammen.

Gregor Witte leitet eine Arbeitsgruppe für Molekulare Festkörperphysik an der Philipps-Universität und gehört dem Sonder­forschungs­bereich „Struktur und Dynamik innerer Grenzflächen“ (SFB 1083) der Deutschen Forschungs­gemeinschaft an, der die zugrunde­liegende wissenschaftliche Arbeit finanziell unterstützt hat. Felix Widdascheck und Daniel Bischof fertigen Doktorarbeiten in Wittes Arbeitsgruppe an.

U. Marburg / DE

 

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