Silizium auf der Streckbank
Hochelastische Nanodrähte ließen sich um bis zu 16 Prozent dehnen – Anwendung für flexible Elektronik und schnellere Schaltkreise.
So unerlässlich der Halbleiter Silizium für Computerchips ist, so starr und bruchempfindlich ist seine kristalline Struktur. Doch bei extrem dünnen Nanodrähten ändert sich die Elastizität deutlich. Nach ersten Dehnungsexperimenten an Silizium-
Abb.: Nanodrähte aus Silizium auf der Streckbank: Hohe Elastizität erlaubt Dehnungen um bis zu 16 Prozent. (Bild: H. Zhang et al.)
„Wenn Silizium größere elastische Verformungen aushalten kann, könnte es viele mechatronische Anwendungen in der Optoelektronik, für flexible Elektronikmodule und für nanostrukturierte Schnittstellen zwischen Elektronik und biologischem Gewebe finden“, sagt Yang Lu von der City University in Hong Kong. Zusammen mit Kollegen vom IBM-Watson Research Center in Yorktown Heights und der chinesischen Xiamen University züchtete Lu monokristalline Nanodrähte aus Silizium mit einem ausgeklügelten Dampfphasen-
Für die erprobte „Vapor-Liquid-Solid-
Bei Raumtemperatur ließen sich nahezu alle Nanodrähte um mehr als zehn Prozent dehnen. Dabei wirkte ein Dehnungsstress von bis zu 20 Gigapascal auf die Siliziumstrukturen. Einzelne Nanodrähte ließen sich sogar um bis zu 16 Prozent strecken. Proben mit 86 Nanometer Durchmesser erreichten immerhin noch Werte von etwa 13 Prozent. Doch hielten sie auch drei nacheinander ausgeübten Dehnungen stand. Ohne Zuglast nahmen die Nanodrähte ohne Hysterese-
Abb.: Versuchsaufbau zum Dehnen von Nanodrähten: Über den Druck einer Spitze (unten) werden eingespannte Nanodrähte (oben) auseinandergezogen. (Bild: H. Zhang et al.)
Verantwortlich für diese hohe Elastizität machten die Forscher den weitestgehend defektfreien Aufbau der monokristallinen Nanodrähte mit einer extrem glatten Oberfläche. Bei den Dehnungen nahm die Energiedichte innerhalb der Nanostrukturen enorm zu und erreichten werden von bis zu einem Gigajoule pro Kubikmeter. Diese volumetrische Energiedichte lag bei etwa einem Siebtel des Sprengstoffes TNT. Brachen die Nanodrähte bei einer zu großen Zuglast, wurde diese Energie in Bewegungsenergie umgesetzt, so dass die Bruchstücke sehr schnell mit geschätzten Geschwindigkeiten von etwa tausend Metern pro Sekunde aus der Halterung geschleudert wurden.
Diese Versuche belegen, dass sich Silizium-
„Bei Gitterdehnungen von mehr als zehn Prozent könnte sich die Bandstruktur von gestrecktem Silizium disruptiv ändern“, sagt Lu. Denn nur um zwei Prozent gedehntes Silizium, das bereits seit Jahren in leistungsfähigen Prozessoren genutzt wird, zeigt schon eine signifikant erhöhte Elektronenbeweglichkeit. Von noch stärkeren Dehnungen werden daher noch deutlichere Veränderungen der elektronischen Eigenschaften erwartet. Lu ist davon überzeugt, dass seine Experimente hin zu einer gezielten Optimierung des Halbleitermaterials über elastischen Dehnungen führen könnte. Weitere Messungen könnten in Zukunft das Potenzial dieses „Elastic-
Jan Oliver Löfken
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