29.10.2020

Sind Alltagsmasken effektiv?

3D Particle Tracking liefert wertvolle Aussagen zur Schutzwirkung einer Mund-Nasen-Bedeckung.

Alltagsmasken stellen eine wichtige Komponente in der Bekämpfung der Corona-Pandemie dar. Neueste Erkenntnisse zeigen, wie beim Tragen einer Maske die Atemluft umgelenkt wird und wohin sich die darin befindlichen Aerosole verteilen. In einem inter­disziplinären Gemeinschafts­projekt haben mehrere Institute des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) die Funktionsweise und Wirksamkeit von Alltags­masken aus Stoff untersucht. Die Experimente zeigen deutlich den Einfluss von Alltags­masken auf die Verteilung ausgeatmeter Aerosole und Partikel sowie ihren positiven Beitrag zum Schutz vor Infektionen.
 

Abb.: Gemessene Verteilung von Aerosolen (Bild: DLR)
Abb.: Gemessene Verteilung von Aerosolen (Bild: DLR)

Bereits die erste Auswertung der Versuchsdaten zeichnet ein deutliches Bild über den Wirkungs­mechanismus von Masken. „Die Versuche zeigen deutlich den positiven Effekt von Alltags­masken und das, obwohl kleine Aerosole den Stoff durchdringen können“, sagt Versuchs­leiter Andreas Schröder vom DLR-Institut für Aerodynamik und Strömungs­technik. Ausgeatmete Bioaerosole sind zu einem wesentlichen Anteil kleiner als fünf Mikrometer, die Maschen­weite von Stoffmasken liegt deutlich darüber. Die Aerosole passieren fast ungehindert die Maschen der Versuchs­masken und folgen im weiteren Verlauf dem Strömungs­feld im Raum. 

Stoffmasken schützen aber dennoch! Der Wirkungsmechanismus liegt im Verlangsamen und Umlenken der Atemluft. Die Labor­versuche zeigen, dass die Mund-Nasen-Masken den ausgeatmeten Luftstrom mit den Aerosolen effektiv abbremsen. Die Thermik, hervorgerufen durch die Körperwärme, lässt mögliche infektiöse Partikel, die durch die Maskenwirkung bei ruhiger Raumluft in Körpernähe bleiben, in Richtung Raumdecke schweben, wo sie der Luft­strömung folgen und sich langsam im Raum verteilen. Bei längeren Wegen durch den Raum und durch die begleitende turbulente Durch­mischung mit der Raumluft werden die Aerosole weiter verdünnt. Die lokale Konzentration der möglichen infektiösen Aerosole im Raum sinkt durch die Masken insbesondere gegenüber Personen, die sich in der Nähe aufhalten. Auf regelmäßige Lüftung muss dennoch geachtet werden, um Anreicherungen möglicher Bioaerosole im Raum zu vermeiden. Aus physikalischer Sicht vergrößert sich das Volumen mit der dritten Potenz des Abstands, wodurch die Konzentration von Bioaerosolen sinkt. Deshalb ist es auch beim Tragen einer Maske ratsam, die Abstandsregeln zu beachten.

Die bildgebenden Mess­verfahren des Instituts für Aero­dynamik und Strömungs­technik werden im DLR üblicherweise für die Untersuchung von Strömungen in der Luft- und Raumfahrt genutzt. Im Projekt Aeromask wird eine im DLR entwickelte „3D Particle Tracking-Technologie“ eingesetzt, um an der Verbreitung infektiöser Sars-CoV-2-Viren zu forschen. Die Technik ermöglicht es, den Luftstrom des Atmens, seine Ablenkung durch Masken und den damit einhergehenden Transport von Aerosolen in einem mehrere Kubikmeter großen abgeschlossenen Raum bis zu einer Skala von einigen Millimetern genau zu verfolgen. Eine Visualisierung veranschaulicht die dynamische Verteilung der potentiell infektiösen Aerosole und Partikel im Raum.

In der ersten Phase wurden die Strömungs­mechanik der Atem- und Raumluft und der Einfluss unterschiedlicher Alltagsmasken untersucht. Dazu wurde ein zwölf Kubikmeter großer Experimentier­raum mit Seifenblasen geflutet, die so klein sind wie Zuckerkörner. Durch ihre Helium-Luft-Füllung schweben sie längere Zeit in der Luft und folgen dem komplexen Strömungs­feld des Raumes. Im Testraum atmet eine sitzende Testpuppe. Ihre künstliche Lunge erzeugt eine zyklische Luftströmung, die der eines Menschen gleicht. Eine eingebaute Heizung gibt die Wärme­leistung eines Menschen ab und bildet die zugehörige Thermik in der umgebenden Luft.

Mehrere hochauflösende Streaming-Kameras mit jeweils fünfzig Megapixeln Auflösung halten die Bewegung der Seifenblasen fest, die mit pulsierendem Licht aus einem großen Aufbau von LED-Leuchten angestrahlt werden. Um die Bewegungs­linien (Trajektorien) der Millionen von einzelnen Seifenblasen zu verfolgen und das Strömungs­feld im gesamten Raumvolumen in seiner zeitlichen Abfolge zu vermessen, entwickelten die Strömungs­forscher ausgefeilte volumetrische Auswertungs- und Daten­assimilations­verfahren für ihre Analyse. Das DLR-eigene „Shake-The-Box“ (STB) Particle-Tracking-Verfahren erlaubt es auf Basis von zeit­aufgelösten Abbildungen dieser kleinen Seifenblasen mittels weniger Kameras, eine sehr große Anzahl ihrer dreidimensionalen Bahnlinien in der Strömung zu rekonstruieren. Bei der STB-Technik wird die in den Partikel­bildern enthaltene Zeit­information bei der 3D-Rekonstruktion optimal genutzt, wodurch etwa zehn Mal mehr Partikel-Bahnlinien im Mess­volumen vermessen werden können als bei bisherigen Particle-Tracking-Verfahren.

Auf die erste Laborphase des Projektes folgen nun zwei weitere Phasen, um die Aussagen über die Infektiosität und Bewegung der sich im Raum verteilenden Aerosole zu vertiefen. Am Institut für Software­technologie des DLR wird im nächsten Schritt auf Basis der Messdaten eine Simulation und Visualisierung zur Bewegung von Aerosolen und Partikeln im Raum erstellt. Die Eigenschaften von simulierten Bioaerosolen (definierte Mischungen verschiedener Mikro­organismen) und deren Interaktion mit Masken untersucht das DLR-Institut für Raumfahrt­medizin in der Arbeits­gruppe Luft- und Raumfahrt­mikrobiologie.

DLR / DE
 

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