30.08.2017

Smarte Fassaden für die Energiewende

Optoelektronische Bauelementen und flexible Solarzellen sollen Energiebedarf senken.

Solarmodule sind bereits seit langem fester Bestandteil zahlreicher Gebäude. Auch ausgetüftelte Energiemanagementsysteme, die zum Beispiel die Abwärme von Anlagen zum Heizen oder Kühlen nutzen, sind gut etabliert. Große lichtdurchlässige (transparente oder transluzente) Fassaden- und Dachelemente prägen immer stärker das Bild unserer Städte und sorgen durch viel Licht für einen angenehmen Aufenthalt in den Bauwerken. Der Werkstoff Glas ist dabei für den gewünschten Formenreichtum oft nicht flexibel genug und für große überspannte Flächen zu schwer. Daher haben sich fluorpolymere Werkstoffe wie zum Beispiel Ethylentetrafluorethylen (ETFE), nicht zuletzt wegen ihrer langen Lebensdauer und Witterungsbeständigkeit, als Alternative zum Glas in diesen An­wen­dungen bewährt. Eindrucksvolles Beispiel ist das Dach des Dolce Vita Tejo – Euro­pas größtem Einkaufszentrum in Lissabon, Portugal – mit seinen 5-lagigen Folienkissen aus 200 000 Quadratmetern ETFE.

Abb.: Ausbaufähiges Know-How: die ETFE-Kissen-Überdachung des Dolce Vita Tejo produzierte die nun auch am FLEX-G-Projekt beteiligte Hightex GmbH – ein Spezialanbieter für textile Architektur. (Bild: Hightex GmbH)

Im Gegensatz zu Glas sind Fluorpolymere in Beschichtungsprozessen schwierig zu ver­arbeiten. Aus diesem Grund konnten Membrandächer und -fassaden bisher nur sehr begrenzt mit energieeinsparenden Funktionen wie zum Beispiel einer Wärmeschutz­be­schich­tung, integrierten Solarmodulen oder einem schaltbaren Gesamt­energie­durch­lass­grad ausgestattet werden. Eine Nutzung der Membrandach- und Fassadenflächen zur anpassungsfähigen Optimierung des Energiehaushalts des Bauwerks war bisher nicht möglich.

Ein Konsortium aus neun Industrie- und Forschungspartnern möchte dies nun ändern und die Oberflächen von Membrandächer und Fassaden mit optoelektronischen Bauelementen so funktionalisieren, dass sie einerseits einen schaltbaren Gesamtenergie­durchlassgrad und zum anderen eine Energieerzeugung mit flexiblen Solarzellen ermöglichen. Der Ver­bund­koordinator, Dr. John Fahlteich, fasst das Vorhaben so zusammen: „Folienbasierte Dach- und Fassadenelemente sollen mit elektrochromen, schaltbaren Bauelementen aus­ge­stattet werden. So kann die Licht- und Wärme­durchlässigkeit elektrisch gesteuert wer­den. Die Energie dafür stellen flexible, organische Solar­zellen bereit. Wir möchten im Pro­jekt FLEX-G Technologien entwickeln, die sowohl für flexible Membran­dach- und Fas­sa­den­elemente, als auch für glasbasierte Systeme anwendbar sind.“

Um dies zu erreichen, sollen erstmals Verfahren erforscht werden, mit denen das elektro­chrome Bauelement direkt auf einer ETFE-Folie aufgebaut wird. Die Flexibilität der Folien ermöglicht die Verwendung von kostengünstigen und produktiven Rolle-zu-Rolle (R2R) Fertigungsverfahren. Im Rahmen des dreijährigen Vorhabens ist ein 36 Quadrat­meter großer Membrandachprototyp geplant, der sowohl mit elektrochromen Bauelementen – zur Schaltung des Gesamtenergiedurchlassgrades – als auch mit flexiblen, organischen Solar­zellen ausgestattet ist.

Mit dem vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) geförderten Verbund­projekt wird die Integration von Bauelementen in uneben geformte Gebäudehüllen zur Energieeinsparung und -gewinnung erreicht und damit ein Beitrag zur Senkung des Pri­mär­ener­gie­bedarfs geleistet. Damit wird auch das Ziel der Bundesregierung, bis 2050 den Pri­mär­energie­bedarf in Deutschland um 50 Prozent zu senken, unterstützt.

Neben den Fraunhofer-Instituten FEP in Dresden, ISC in Würzburg und IAP in Golm wirken am Projekt FLEX-G die Hochschule für Technik in Stuttgart sowie die sieben Unternehmen Coatema Coating Machinery GmbH, Hightex GmbH, Lamilux Heinrich Strunz GmbH, Heliatek GmbH, ROWO Coating GmbH, EControl Glas GmbH & Co. KG und Nowofol Kunststoffprodukte GmbH mit.

FEP / LK

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