21.07.2020 • BiophysikMedizinphysikNanophysik

Smarte hauchdünne Nanoblätter fischen Proteine

Neue Methode erzeugt schneller und einfacher hochaufgelöste dreidimensionale Bildern von Biomolekülen.

Eine Art Köder, um gezielt Proteinkomplexe aus Mischungen fischen zu können, hat ein inter­diszipli­näres Team aus Frankfurt und Jena entwickelt. Dank dieses Köders ist das gewünschte Protein wesentlich schneller für die weitere Unter­suchung im Elektronen­mikroskop verfügbar. Die neuartige Schicht aus hauchdünnem moleku­laren Kohlenstoff taufte das Forschungs­team „smartes Nanoblatt“. Mit Hilfe der Neu­entwick­lung lassen sich beispiels­weise Krank­heiten und deren Behandlung mit Medika­menten besser verstehen.

Abb.: Schematische Darstellung des neuen Nanoblatt-Verfahrens. (Bild:  A....
Abb.: Schematische Darstellung des neuen Nanoblatt-Verfahrens. (Bild: A. Turchanin & Z. Tang, FSU)

„Mit unserem Verfahren lassen sich inner­halb einer Woche neuartige Proteine aus Mischungen isolieren und charakte­ri­sieren“, erklärt Daniel Rhinow vom MPI für Biophysik. Bisher war allein die Isolierung der reinen Proteine oft Teil einer mehr­jährigen Doktor­arbeit. Zusammen mit Andreas Terfort von der Uni Frankfurt und Andrey Turchanin von der Uni Jena entstand vor einigen Jahren die Idee, die gewünschten Proteine direkt aus Mischungen heraus­zu­fischen, indem man ein Nanoblatt mit Erkennungs­stellen ausrüstet, an die das Zielprotein bindet. Nun ist es den Wissen­schaftlern gelungen, Proteine dank eines smarten Nanoblatts umgehend für eine Unter­suchung im Kryo-Elektronen­mikroskop zugänglich zu machen.

Die Kryo-Elektronen­mikro­skopie basiert auf dem Schock­gefrieren einer Probe bei Tempera­turen unter minus 150 Grad Celsius. Dabei behält das Protein seine Struktur, störende Fixierungs- oder Färbe­mittel sind nicht nötig, und die Elektronen können das vereiste Objekt leicht durch­strahlen. Es entstehen hoch­auf­gelöste drei­dimen­sionale Aufnahmen kleinster Strukturen – etwa von Viren und DNA – bis fast hinab zur Größen­ordnung eines Wasser­stoff­atoms.

Zur Vorbereitung werden die Proteine in einer äußerst dünnen Wasser­schicht auf einem winzigen Metall­netz schock­gefroren. Bislang mussten die Proben vor einer elektronen­mikro­skopischen Unter­suchung aufwändig und oft unter großen Verlusten gereinigt werden. Nur wenn lediglich eine Sorte von Proteinen in der Wasser­schicht gebunden ist, ist die elektronen­mikro­skopische Unter­suchung erfolg­reich.

Die Gruppe um Turchanin setzt nun Nanoblätter ein, die lediglich einen Nanometer dick sind und aus einer vernetzten molekularen selbst­organi­sie­renden Mono­schicht bestehen. Dieses Nanoblatt versieht Terforts Arbeits­gruppe mit einem Gelbildner als Grundlage für den zum Gefrieren notwendigen dünnen Wasserfilm. Daran binden die Forscher eine Erkennungs­gruppe, eine spezielle Nitrilo­essig­säure-Verbindung mit Nickel­ionen. Das Team um Rhinow nutzt die so präparierten smarten Nanoblätter, um gezielt Proteine aus einer Mischung zu fischen. Sie wurden vorab mit einer Histidin-Kette markiert, mit der sie an die Erkennungs­gruppe binden. Alle anderen störenden Teilchen lassen sich abspülen. Das Nanoblatt mit dem gebundenen Protein kann anschließend direkt mit dem Elektronen­mikroskop unter­sucht werden.

„Unsere smarten Nanoblätter sind besonders leistungs­fähig, weil die Hydrogel­schicht den notwendigen dünnen Wasserfilm stabili­siert und gleich­zeitig die unspezi­fische Bindung störender Teilchen unter­drückt,“ erklärt Julian Scherr von der Uni Frankfurt. „Damit kann die molekulare Strukturbiologie nun viel schneller Proteinstrukturen und -funktionen erforschen“. Mit daraus gewonnenen Erkennt­nissen lassen sich beispiels­weise Krank­heiten und deren Behandlung mit Medika­menten besser verstehen. Das Team hat sich die neuen Nanoblätter patentieren lassen und auch schon einen Hersteller gefunden, der dieses hilf­reiche Werkzeug auf den Markt bringen wird.

GUF / RK

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