07.04.2010

Sommer auf Triton

Der Neptunmond wurde zum ersten Mal infrarot-spektroskopisch untersucht. In einer Atmosphäre, die Methan und Kohlenmonoxid enthält, herrscht auf dessen Südhalbkugel Hochsommer.

Der Neptunmond wurde zum ersten Mal infrarot-spektroskopisch untersucht. In einer Atmosphäre, die Methan und Kohlenmonoxid enthält, herrscht auf dessen Südhalbkugel Hochsommer.

Wie die Europäische Südsternwarte (ESO) mitteilt, haben europäische Wissenschaftler den Trabanten mit dem Very Large Telescope (VLT) der ESO erstmals im Infrarotlicht beobachtet. Dabei haben sie in seiner dünnen Atmosphäre Kohlenmonoxid entdeckt. Die Untersuchungen haben außerdem zum ersten Mal vom Erdboden aus Methan auf dem Neptunmond nachgewiesen und gezeigt, dass auf Tritons südlicher Hemisphäre gerade Hochsommer herrscht. Die Atmosphäre des Mondes verändert sich im Laufe der Jahreszeiten: Sie wird dichter, wenn sie sich erwärmt.

"Wir haben deutliche Hinweise darauf gefunden, dass der Einfluss der Sonne sich auf Triton noch deutlich bemerkbar macht - und das trotz der großen Entfernung zwischen den beiden Himmelskörpern. Auf diesem Eismond gibt es damit Jahreszeiten ähnlich wie auf der Erde, allerdings mit dem Unterschied, dass sie sich viel länger hinziehen", erklärt der beteiligte Wissenschaftler Emmanuel Lellouch.

Abb.:  Der Neptunmond Triton - aus künstlerischer Sicht. (Bild: ESO/L. Calçada)

Die durchschnittliche Oberflächentemperatur auf Triton beträgt etwa -235°C. Auf der Südhalbkugel des Neptunmondes herrscht zur Zeit Sommer und auf der Nordhalbkugel Winter. Erwärmt sich die südliche Hemisphäre, dann verdampft von ihrer Oberfläche eine dünne Schicht aus gefrorenem Stickstoff, Methan und Kohlenmonoxid. Das dabei entstehende Gas steigt in die eisig kalte Atmosphäre Tritons auf der Sommerhalbkugel auf und bewirkt dort einen Dichteanstieg.

Aufgrund der beobachteten Gasmengen schätzen die Wissenschaftler, dass Tritons Atmosphärendruck um einen Faktor 4 gestiegen ist, verglichen mit den Messungen der Raumsonde Voyager 2 aus dem Jahr 1989, als noch Frühling auf der Südhalbkugel herrschte. Der Atmosphärendruck auf dem großen Mond liegt nun zwischen 40 und 65 Mikrobar. Das ist freilich nach wie vor rund 20.000 mal schwächer als der Luftdruck auf der Erde.

Bereits vor den neuen Messungen war bekannt gewesen, dass es auf der Oberfläche von Triton Kohlenmonoxid in Form von Eis gibt. Lellouch und sein Team haben nun genauer hingeschaut und konnten nachweisen, dass die Oberflächenschicht des Neptunmondes verglichen mit tiefer liegenden Schichten um einen Faktor 10 mit Kohlenmonoxid-Eis angereichert ist. Aus dieser obersten "Haut" erhält die Atmosphäre, die ähnlich wie die Erdatmosphäre zum größten Teil aus Stickstoff besteht, laufend Nachschub an Gasen. Das Methan, das erstmals von Voyager 2 nachgewiesen wurde und dessen Existenz erst in dieser Studie von der Erde aus bestätigt werden konnte, spielt ebenfalls eine wichtige Rolle. "Nachdem wir dort Kohlenmonoxid gefunden und den Methangehalt neu bestimmt haben, müssen Tritons Klima- und Atmosphärenmodelle neu berechnet werden", ergänzt die Wissenschaftlerin Catherine de Bergh.

Triton ist bei weitem der größte der 13 Monde des Gasplaneten Neptun. Mit einem Durchmesser von 2700 km (rund drei Viertel des Durchmessers des Erdmonds) ist er der siebtgrößte Mond im ganzen Sonnensystem. Seit seiner Entdeckung im Jahr 1846 sind die Astronomen von Triton fasziniert: wegen seiner geologischen Aktivität, wegen der vielen verschiedenen Eisarten auf seiner Oberfläche - unter anderem gefrorener Stickstoff, Wasser- und gefrorenes Kohlendioxid - und wegen seiner einzigartigen retrograden Bahnbewegung. Das bedeutet Triton umkreist seinen Planeten in entgegengesetzter Richtung zu dessen Umlauf um die Sonne - als einziger größerer Mond in unserem Planetensystem.

Da Triton ungefähr 30 mal so weit von der Sonne entfernt ist wie die Erde, stellen Beobachtungen seiner Atmosphäre eine Herausforderung dar. Noch bis in die 1980er Jahre nahmen die Astronomen an, dass die Tritonatmosphäre so dicht sein könnte wie die des Mars (7 Millibar Atmosphärendruck). Erst 1989, als Voyager 2 an Neptun und seinen Monden vorbeiflog, stellte sich heraus, dass die geringen Mengen an Stickstoff und Methan einen Atmosphärendruck von nur 14 Mikrobar erzeugten. Damit erwies sich Tritons Atmosphäre als rund 70.000 mal dünner als die Erdatmosphäre. Seitdem haben nur wenige bodengebundene Beobachtungen stattgefunden. Aber bereits in den 1990er Jahren deuteten Sternbedeckungen durch Triton an, dass der Atmosphärendruck ansteigt. Bei einer Sternbedeckung läuft einen Himmelskörper unseres Sonnensystems vor einem entfernten Stern vorbei und dunkelt ihn dabei völlig ab; im Falle von Triton läuft das Sternlicht zu Anfang und Ende der Bedeckung durch seine Atmosphäre, so dass diese "durchleuchtet" und so für Untersuchungen zugänglich wird. Direkte Beobachtungen wurden erst durch die Entwicklung des Cryogenic High-Resolution Infrared Echelle Spectrograph (CRIRES) am VLT der ESO möglich. Mit ihm konnte das Team um Lellouch Tritons Atmosphäre im Detail studieren. "Ohne die Empfindlichkeit und das Leistungsvermögen von CRIRES hätten wir die hochaufgelösten Spektren nicht erhalten können, die nötig sind um die dünne Atmosphäre zu analysieren", so Wissenschafler Ulli Käufl.

Für die Astronomen, die mit Hilfe von CRIRES der Physik der weit entfernten Himmelskörper in unserem Sonnensystem auf den Grund gehen, sind diese Beobachtungen erst der Anfang. "Wir können ab sofort Tritons Atmosphäre regelmäßig untersuchen und so in Erfahrung bringen, wie er sich im Laufe seiner Jahreszeiten verändert", ergänzt Lellouch.

ESO Science Outreach Network/Max-Planck-Institut für Astronomie/PH

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