Sommerhitze für den Winter
Thermische Speicher mit konzentrierter Natronlauge können langfristig Sonnenenergie speichern und wieder abgeben.
Von einer nachhaltigen Energieversorgung sind wir noch meilenweit entfernt: Im Jahr 2014 wurden etwa 71 Prozent aller Schweizer Privatwohnungen mit fossilen Brennstoffen beheizt, auch 60 Prozent des privat verbrauchten Warmwassers wird auf diese Weise erzeugt. Eine beträchtliche Menge fossiler Energie ließe sich also einsparen, wenn man Wärme aus sonnigen Sommertagen bis ins Winterhalbjahr speichern und dann wieder abrufen könnte. Nach mehreren Jahren Forschung gibt es seit Herbst 2016 an der Schweizer Empa eine Anlage im Labormaßstab, die zuverlässig funktioniert und Wärme langfristig speichern kann. Doch der Weg dahin war lang.
Abb.: Benjamin Fumey an seiner Versuchsanlage im Empa-Labor. (Bild: Empa)
Die Theorie hinter dieser Art Wärmespeicher ist recht einfach: Gießt man in ein Becherglas mit festem Natriumhydroxid (NaOH) Wasser, dann wird die Mischung heiß. Die Verdünnungsreaktion ist also exotherm: Chemische Energie wird in Form von Wärme frei. Natronlauge ist außerdem stark hygroskopisch und kann Wasserdampf einfangen. Die so gewonnene Kondensationsenergie heizt die Natronlauge weiter auf.
Auch der umgekehrte Weg ist möglich: Führt man verdünnter Natronlauge Energie in Form von Wärme zu, dann verdampft das Wasser, die Natronlauge wird konzentriert und speichert auf diese Weise die ihr zugeführte Energie. Konzentrierte Natronlauge lässt sich über Monate, gar Jahre aufbewahren oder in Tanks zu einem gewünschten Ort transportieren. Bringt man sie mit Wasser (-dampf) in Kontakt, wird die gespeicherte Wärme wieder frei.
So weit die Theorie. Aber lässt sich das Becherglas-
Leider funktionierte der Prototyp noch nicht wie erwartet. Die Forscher hatten auf einen so genannten Fallfilmverdampfer gesetzt – eine Anlage, wie sie etwa in der Lebensmittelindustrie verwendet wird, um Orangensaft zu Konzentrat einzudicken. Doch die zähflüssige Natronlauge umfloss den Wärmetauscher nicht richtig, sondern bildete dicke Tropfen. Die Natronlauge nahm zu wenig Wasserdampf auf, und die übertragene Wärmemenge blieb zu gering.
Fumey hatte dann die rettende Idee: Das zähflüssige Speichermedium müsste langsam und spiralförmig entlang eines Rohrs hinabfließen, auf dem Weg Wasserdampf aufnehmen und die entstehende Hitze an das Rohr abgeben. Der umgekehrte Weg – das Aufladen des Mediums – sollte mit der gleichen Technik, nur andersherum funktionieren. Es klappte. Das Beste daran: Die spiralförmigen Wärmetauscher gibt es bereits ab Lager; es sind Wärmetauscher aus handelsüblichen Durchlauferhitzern.
An der Laboranlage optimierte Fumey dann die Einsatzgrenzen: Welche Konzentrationsschwankungen sind für den Wirkungsgrad optimal? Welche Temperaturen soll das zu- und das ablaufende Wasser haben? Fürs Entladen des Speichers ist Wasserdampf mit einer Temperatur von 5 bis 10 Grad nötig. Solcher Dampf ließe sich etwa mit Wärme aus einer Erdsonde erzeugen. Dabei läuft 50-prozentige Natronlauge außen über das Wärmetauscher-
Beim Wiederaufladen des Speichers sickert die 30-prozentige, „entladene” Natronlauge um das Spiralrohr herum nach unten. Im Inneren des Rohrs strömt 60 Grad heißes Wasser, welches zum Beispiel aus einem Solarkollektor stammen kann. Das Wasser aus der Natronlauge verdunstet; der Wasserdampf wird abgezogen und kondensiert. Die Natronlauge, die den Wärmetauscher nach dem Aufladen verlässt, ist wieder auf 50 Prozent aufkonzentriert, also mit Wärmeenergie „geladen”.
„Auf diese Weise lässt sich Solarenergie in Form von chemischer Energie vom Sommer bis in den Winter speichern”, sagt Fumey. „Und nicht nur das: die gespeicherte Wärme kann in Form konzentrierter Natronlauge auch an einen anderen Ort verfrachtet werden und ist dadurch flexibel einsetzbar.” Nun hat die Suche nach Industriepartnern begonnen, die aus dem Labormodell eine kompakte Hausanlage bauen helfen.
Empa / DE