Sonden und Minisatelliten zum Experimentieren
Studenten untersuchen auf Forschungsraketen REXUS-15 und -16 Atmosphäre und testen neue Technologien.
Nicht nur innerhalb einer Rakete kann geforscht werden: Studenten nutzten die Forschungsrakete REXUS-15, die am 29. Mai 2014 um 12 Uhr Mitteleuropäischer Sommerzeit (MESZ) vom Raumfahrtzentrum Esrange bei Kiruna in Schweden startete, um Mess-Sonden und Minisatelliten während des Flugs auszusetzen. Bereits einen Tag zuvor war REXUS-16 mit vier weiteren Experimenten an Bord erfolgreich gestartet. Rund fünfzig Studentinnen und Studenten aus Deutschland, Schweden, Großbritannien, Belgien, Italien und Rumänien erforschten bei der Doppelkampagne des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) sowie der schwedischen Raumfahrtbehörde SNSB mit der Europäischen Weltraumorganisation ESA die Lufthülle der Erde und testeten neue Raumfahrttechnologien.
Abb.: Die Teams der REXUS-15/16-Kampagne. (Bild: DLR)
Acht Teams hatten rund ein Jahr lang selbständig eigene Experimente entwickelt, gebaut und getestet, die nun in den rund sechs Meter langen einstufigen Raketen zum Einsatz kamen. Rund zehn Minuten dauerten die beiden Flüge mit jeweils vier Experimenten an Bord, bei denen REXUS-15 eine Höhe von etwa 80 Kilometern und die leichtere 16 rund 87 Kilometer Höhe erreichte.
Das Experiment MEDUSA (MEasurements of the D-region plasma USing Active falling plasma probes) von Studenten der Universität Rostock untersuchte die Konzentration von positiven Ionen in der so genannten D-Region der Atmosphäre. In diesem Bereich werden durch die Energie der Sonnenstrahlung Elektronen aus den Gasatomen und -molekülen geschlagen, ein Plasma entsteht. Während der Nachtzeit verschwindet die Schicht wieder, da ohne Sonnenenergie die Elektronen und Ionen wieder verschmelzen.
Für die Untersuchungen wurden kurz vor Erreichen des höchsten Punktes der Raketenflugbahn zwei zylinderförmige Sonden ausgeworfen, die während des Falls zurück zur Erde die elektrischen Signale der Ionen registrieren. Zudem enthalten die Sonden GPS-Empfänger, welche punktgenaue Ortsinformationen liefern. Durch die Kombination der Höheninformation mit den elektrischen Signalen können erstmalig zwei zur gleichen Zeit an verschiedenen Orten gemessene Höhenprofile des Plasmas in der D-Region erstellt werden. Dies ist die Grundlage, um zukünftig dreidimensionale Informationen über kleinräumige Änderungen der Ladungsverteilung zu erhalten. Damit könnten physikalischer Phänomene in der Atmosphäre aufgeklärt werden, wie die im Winter in einer Höhe von der 55 bis 80 Kilometern auftretenden Radarechos und neue Erkenntnisse der chemischen Vorgänge gewonnen werden.
Ziel des Experiments ISAAC (Infrared Spectroscopy to Analyse the middle Atmosphere Composition) des Studententeams der KTH Stockholm war die Bestimmung des Kohlendioxidgehalts in der mittleren Atmosphäre. Während des REXUS-15-Flugs wurde in einem ersten Schritt der Auswurfmechanismus für zwei scheibenförmige Flugkörper getestet, mit denen die Messungen außerhalb der Rakete durchgeführt werden sollen.
Abb.: Letzte Lötarbeiten am Experiment. (Bild: DLR)
Zwei würfelförmige Kleinstsatelliten (CubeSats) mit einer Kantenlänge von zehn Zentimetern bildeten das Herzstück des Strathsat-R2-Experiments der Universität Strathclyde. Einer der Satelliten enthielt ein pyramidenförmiges Segel mit aufblasbaren Stangen, der andere eine Struktur aus kissenförmigen Zellen. Beide Konstruktionen sollten sich nach dem Auswurf entfalten. Mit dem Experiment wollten die Studenten zeigen, dass beide Strukturen sich mit Hilfe des darin enthaltenen Sauerstoffs stabil aufblasen können, da dieser sich im Weltraum-Vakuum ausdehnt. Solche Strukturen können eingesetzt werden, um den Querschnitt eines Satelliten zu vergrößern. Damit wird im Weltall der Druck, den die Partikel aus dem Sonnenwind darauf ausüben erhöht, so dass ausrangierte Satelliten schneller in einen niedrigen Orbit und damit schneller zum Verglühen gebracht werden können.
Mit dem Experiment FOVS (Fiber Optical Vibration Sensing Experiment) testete das Team von der TU München einen sehr kleinen und flexiblen optischen Dehnungssensor, der als Beschleunigungsmesser – beispielsweise für Vibrationsmessungen an Raketen – eingesetzt werden soll. Von Vorteil für den Test waren die vielen Auswürfe von Experimenten auf REXUS-15, in denen die Körper beschleunigt wurden und Störungen hervorriefen.
Die REXUS-Raketen sind ungesteuert. Das heißt sie taumeln und drehen sich während des Fluges. Dies ist für das Team Horizon Acquisition Experiment HORACE von der Universität Würzburg eine ideale Testumgebung: Aus Kamerabildern, die während des Flugs vom Horizont aufgezeichnet werden, sollte die Ausrichtung der Rakete zum Erdmittelpunkt berechnet werden. Diese Technik soll zukünftig auf Satelliten eingesetzt werden, um diese wieder zur Erde auszurichten, wenn deren Orientierungssystem versagt hat.
An der Zusammensetzung der Atmosphäre ist das MOXA-Team (Measuring ozone and OXygen in the Atmosphere) von der TU Dresden interessiert. Dort wurden kleine Sensoren zur Bestimmung des atomaren und molekularen Sauerstoffgehalts sowie des Ozons entwickelt. Die Studenten wollten mit den Apparaturen, die in die Wand ihres Raketenmoduls eingebaut wurden, die Konzentrationen der Gase in Abhängigkeit von der Höhe messen. Experimente zur Materialforschung steuerten außerdem die Teams CWIS (Chemical Waves In Soret effect) von Studierenden der Freien Universität Brüssel und der Universität Frederico II in Neapel sowie des Teams Low-Gravity von der Polytechnischen Universität von Bukarest (Rumänien) bei.
DLR / CT