10.07.2008

Sonnenstrahlung produziert Doppel-Asteroiden

Die Strahlung der Sonne ist offenbar dafür verantwortlich, dass Asteroiden in erdnahen Bahnen und im Asteridengürtel zwischen Mars und Jupiter häufig einen Begleiter besitzen.

Die Strahlung der Sonne ist offenbar dafür verantwortlich, dass Asteroiden in erdnahen Bahnen und im Asteridengürtel zwischen Mars und Jupiter häufig einen Begleiter besitzen.

Etwa 15 Prozent der Asteroiden mit einem Durchmesser unterhalb von zehn Kilometern in erdnahen Bahnen und im Asteridengürtel zwischen Mars und Jupiter besitzen einen engen Begleiter auf einer kreisförmigen Umlaufbahn. Warum das so ist, hat nun ein Team von Astronomen aus Frankreich und den USA herausgefunden. Die Strahlung der Sonne beschleunigt demnach die Rotation der kleinen Himmelskörper so sehr, dass sich Gesteinsbrocken von ihrer Oberfläche ablösen und in einer Umlaufbahn sammeln können. Im Verlauf der Zeit bildet sich aus diesen Brocken dann ein Mond des Asteroiden, schreiben die Forscher in der Fachzeitschrift „Nature“.

„Die Verteilung des Drehimpulses zwischen Eigenrotation und Bahnbewegung der kleinen Doppel-Asteroiden deutet darauf hin, dass ihre Monde entstanden sind, weil die Rotation des Hauptkörpers über die kritische Grenze hinaus beschleunigt wurde“, schreiben Kevin Walsh und Derek Richardson von der University of Maryland, sowie Patrick Michel vom Observatoire de la Côte d'Azur. Bleibt die Frage, welcher Prozess sowohl im Asteroidengürtel als auch bei erdnahen Asteroiden eine solche Beschleunigung verursachen kann. Als Lösung präsentieren die drei Forscher nun den so genannten YORP-Effekt.

Bei dem nach den Forschern Yarkowski, O'Keefe, Radziewskij und Paddack benannten Phänomen handelt es sich um den Einfluss der Sonnenstrahlung auf die Eigendrehung kleinerer Himmelskörper. Das Sonnenlicht erwärmt die Oberfläche eines Asteroiden, die wiederum die Wärme als Infrarotstrahlung ins All abgibt. Sowohl Einstrahlung als auch Abstrahlung erfolgen jedoch nicht gleichmäßig über die Oberfläche verteilt. Dadurch kommt es zu einem leichten Rückstoßeffekt, auf den Himmelskörper wirkt ein Drehmoment und er ändert seine Rotation.

Walsh, Richardson und Michel haben den YORP-Effekt nun im Computer mit einem aus eintausend jeweils kugelförmigen Elementen bestehenden Asteroiden simuliert. „Vieles deutet darauf hin, dass es sich bei den meisten kilometergroßen Asteroiden um eine Art von Gesteinshaufen handelt“, begründen die Wissenschaftler ihr Modell. Diese Asteroiden sind also keine fest gebundenen, sondern locker gepackte Körper.

Abb.: Künstlerische Darstellung eines Doppel-Asteroiden. Die Strahlung der Sonne kann die Rotation eines Asteroiden so sehr beschleunigen, dass sich Gesteinsbrocken von der Oberfläche ablösen und in einer Umlaufbahn sammeln können. (Quelle: ESO)

Die Simulationen zeigen nun, dass sich die Rotation eines Asteroiden durch den YORP-Effekt im Verlauf von Jahrmillionen so stark beschleunigen kann, dass durch die Fliehkraft immer mehr Gesteinsbrocken aus den polaren Regionen in die Äquatorzone rollen. Dort bildet sich ein wachsender Wulst heraus. Wenn die Rotation schließlich einen kritischen Wert überschreitet, können sich von diesem Wulst Gesteinsbrocken ablösen und ins All entschweben. Die Brocken umkreisen den Asteroiden auf einer engen Bahn und formen durch Kollisionen untereinander schließlich einen zweiten Himmelskörper.
 
„Die Eigenschaften der Doppel-Asteroiden, die unser Modell produziert, stimmen mit den beobachteten Eigenschaften von solchen Objekten in erdnahen Umlaufbahnen und im Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter überein“, freuen sich die drei Forscher.

Ein Paradebeispiel dafür ist der 1,5 Kilometer große Asteroid 1999 KY36, der sich auf einer erdnahen Bahn bewegt. Er besitzt einen starken Äquatorwulst und seine Rotationsperiode liegt mit 2,8 Stunden nur knapp unter dem kritischen Wert. Sein 500 Meter großer Begleiter kreist gerade einmal 1,5 Kilometer über der Oberfläche um den Haupt-Asteroiden. Die Dichte der beiden Körper liegt bei etwa 2 Gramm pro Kubikzentimeter. Auch dieser Wert ist in guter Übereinstimmung mit der Annahme, dass die Objekte aus nur locker gepackten Gesteinbrocken bestehen.

Rainer Kayser

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