09.03.2012

Spektrallinse verändert das Farbspektrum

Neuartige Linse mit photonischem Kristall lässt sich für die optische Datenübertragung nutzen.

Gewöhnliche optische Linsen vergrößern Objekte, wie etwa die Schrift auf einer Briefmarke, oder verkleinern sie. Ganz anders wirkt die Spektrallinse, die Wissenschaftler des Fritz-Haber-Instituts (FHI) in Berlin, des Instituts für Atom- und Molekülphysik (AMOLF) in Amsterdam und der University of St. Andrews entwickelt haben: Sie verkleinert oder vergrößert ein Lichtspektrum. Beispielsweise staucht sie einen Regenbogen zu einer einzelnen Farbe, etwa blau. Der Prozess lässt sich auch umkehren, entsprechend einer Vergrößerung, wobei keine Information verloren geht. Daher ließe sich die Spektrallinse einmal zum Komprimieren der Frequenzbandbreite in der optischen Datenübertragung nutzen, um ein breitbandiges Signal nach seiner spektralen Verkleinerung durch einen schmalbandigen Kanal zu senden.

Abb.: Ein Lichtpuls wird in die Linse eingebracht, die dessen anfänglich breites Frequenzspektrum (links; rot dargestellt) zu einem schmaleren Spektrum (blau) komprimiert. Dieser Prozess erhöht die niedrigeren Lichtfrequenzen stärker als die höheren. Die rechte Illustration veranschaulicht den Aufbau der Spektrallinse. (Bild: FHI-MPG)

An eine herkömmliche optische Linse erinnert der Aufbau der Spektrallinse freilich nicht. Sie besteht im Kern aus einem  photonischen Kristall mit einem regelmäßigen Muster winziger Löcher. Eine solche Modulation wirkt sich auf den Brechungsindex des Festkörpers aus und beeinflusst dadurch die Lichtausbreitung. Der photonische Kristall der Forscher um Tobias Kampfrath vom FHI besteht aus einer nur 220 Nanometer dünnen Siliziumfolie, die regelmäßig angeordnete, wenige hundert Nanometer große Löcher hat. Ein Streifen in der Mitte der Folie, nur rund ein 30stel einer Haaresbreite dünn, bleibt frei von Löchern und dient als Lichtleiter. Insgesamt ist die Spektrallinse kaum so breit wie ein Haar und daher auch für miniaturisierte Anwendungen interessant.

Durch diesen sendeten die Forscher einen Lichtpuls, der sich aus einem Spektrum verschiedener Lichtwellenlängen zusammensetzte. Licht blauer Wellenlängen blieb beim Durchdringen der Siliziumfolie in der durch den Wellenleiter vorgegebenen Bahn. Rotes Licht hingegen drang ein Stück weit in den perforierten Bereich der Folie ein, wie ein leicht über die Ufer tretender Bach.

Diese räumliche Trennung der Wellenlängen gab den Forschern die Möglichkeit, die unterschiedlichen Lichtfarben unterschiedlich stark zu manipulieren. Ihre Idee: die Frequenz des roten Lichtes stärker zu erhöhen als die des blauen. So würde rotes Licht ins Blaue verschoben, wobei blaues Licht blau bleibt. Das Regenbogen-Spektrum wird somit in rein blaues Licht umgewandelt. Die Verschiebung der Lichtfrequenz erreichten die Forscher, indem sie einen sehr intensiven Laserpuls, den Kontrollpuls, von oben auf die Siliziumfolie einstrahlten. Damit das blaue Licht vom Kontrollpuls verschont blieb, deckten die Wissenschaftler den Lichtleiter in der Mitte mit einem schmalen Goldstreifen ab, der den Puls reflektierte. Tatsächlich gelang es den Forschern, mit diesem Versuchsaufbau, das Spektrum zusammenzudrücken und so eine verkleinernde Spektrallinse zu schaffen.

„Mit leichten Modifikationen am photonischen Kristall ließe sich mit dem gleichen Mechanismus auch eine vergrößernde Spektrallinse bauen“, sagt Kampfrath. Man müsste dazu die geometrischen Details des Lochmusters in der Siliziumfolie so wählen, dass nun blaues Licht weit in den perforierten Bereich eindringt, während rotes Licht in der Mitte des Lichtleiters konzentriert bleibt.

Abb.: Elektronenmikroskopische Aufnahme der Spektrallinse ohne den Goldstreifen (Bild: FHI-MPG)

Da weder beim Verkleinern noch beim Vergrößern des Lichtspektrums Information verloren geht, eignet sich die Spektrallinse prinzipiell für Anwendungen in der Informations- und Kommunikationstechnologie. Beispiel Datenübertragung: Hier möchte man möglichst kurze Lichtpulse verwenden, um die Datenrate zu erhöhen. Sehr kurze Pulse haben aber eine große Frequenzbandbreite, weshalb sie nicht durch Glasfasern gesendet werden können, da diese eine begrenzte Bandbreite aufweisen. Außerdem ließe sich mit einer vergrößernden Spektrallinse das Auflösungsvermögen von optischen Spektrometern deutlich verbessern, da Spektrallinien auseinandergezogen würden, die ansonsten nicht als getrennte Linien wahrnehmbar wären.

Ein weiterer wichtiger Effekt ist die Verlangsamung des Lichts beim Zusammenpressen des Spektrums. Auch dafür kann sich Kampfrath Anwendungen vorstellen. „Bei der Datenkommunikation mit Licht in Glasfasern müssen Signale oft in eine Art Warteschleife geschickt werden, um sie mit anderen Signalen abzustimmen“, erklärt der Physiker. Dafür müssten sie bislang in elektrische Signale umgewandelt werden, da nur diese ausreichend verlangsamt werden könnten, und anschließend wieder zurück in Lichtsignale. Dieser Aufwand wäre mit einer rein optischen Technologie, die Licht verlangsamt, unnötig.

In diese Richtung zielen die für die nächste Zeit geplanten Experimente der Forscher, sie versuchen, den bislang demonstrierten Effekt noch zu verstärken. So wäre ein noch stärker komprimiertes Lichtspektrum und damit noch langsameres Licht erzielbar.

FHI-MPG / OD

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