25.08.2017

Spezialstahl für Teilchenbeschleuniger

Large Hadron Collider erhält High-Luminosity-Update.

Der Large Hadron Collider (LHC) bei CERN in Genf gilt als stärkster Teilchen­beschleuniger der Welt und als größte Maschine, die Menschen jemals gebaut haben. Um Hoch­energie- und Teilchen­physikern noch mehr Raum für Entdeckungen zu ermöglichen, baut CERN in einem neuen Großprojekt den LHC aus und steigert dessen Luminosität nochmals um das fünf- bis zehnfache. Für die Beschleuniger­komponenten liefert der Technologie­konzern Heraeus wieder hoch­komplexe Hightech-Bauteile aus walz­plattierten Edelstahl­bändern mit Kupfer. „Ein wichtigstes Teil im Teilchen­beschleuniger kommt von Heraeus. Unsere Hightech-Bauteile werden im Beam Screen, Strahlenwand­rohren mit Durchmessern von 44 bis 74 Millimetern, verbaut“, freut sich Joachim-Franz Schmidt, Fertigungs­leiter Walzwerk bei Heraeus. „Als langjähriger Projektpartner von CERN macht uns der erneute Auftrag stolz, denn er bestätigt unsere außergewöhnliche Material-Kompetenz für Hoch­energie­projekte der Spitzen­forschung.“

Abb.: Für die Beschleunigerkomponenten liefert Heraeus hochkomplexe Hightech-Bauteile aus walzplattierten Edelstahlbändern mit Kupfer. (Bild: Heraeus / CERN)

Schmidt war schon 2005 beim ersten Großauftrag von CERN für die Lieferung von siebzig Tonnen walz­plattierter Bänder für den Bau des LHC verantwortlicher Projekt­leiter. Die Produktion der neuen Bauteile erfolgt bis Ende September in der Walz­plattierungs­anlage bei Heraeus in Hanau und umfasst über vier Tonnen. „Der CERN-Auftrag ist eine große Herausforderung. Üblicherweise produzieren wir Bänder für die Automobil­industrie. Aber gerade die Fertigung und Optimierung sehr komplexer Strukturen und Formen ist Teil unserer täglichen Arbeit“, so Schmidt.

Die Ausbaustufe des Superteilchenbeschleunigers wird High Luminosity Large Hadron Collider, kurz HL-LHC, genannt. In acht Jahren sollen dann fünf- bis zehnmal mehr Teilchen kollidieren als heute. Das Forschungs­unternehmen CERN will zudem die Präzision und Datenausbeute um das Dreifache erhöhen. Deshalb ist ein Umbau des bestehenden 27 Kilometer langen LHC auf einer Strecke von 1,2 Kilometer erforderlich. Durch den Umbau wird der Teilchen­beschleuniger erheblich leistungs­fähiger, sodass künftig Prozesse mit noch höherer Genauigkeit untersucht werden können als in der bisherigen Anlage, die seit 2009 in Betrieb ist.

Der speziell hergestellte Sonderstahl für den Beam Screen im Beschleuniger wird von Heraeus mit einer hauchdünnen Kupfer­schicht von nur wenigen Mikrometern Dicke plattiert. Die daraus hergestellten, hoch­präzisen Rohre führen im fertigen Modul die aus der Teilchenkollision freigesetzte Strahlung. „Der gesamte Fertigungs­prozess der neuen Beschleunigungs­röhren ist sehr zeitintensiv und wird zirka zwei Jahre dauern. Dabei kommen uns die sehr guten Projekt­erfahrungen im Zusammen­spiel mit den verschiedenen Projekt­partner zugute, die wir bei der Herstellung der ersten walz­plattierten Bändern sammeln konnten“, erläutert Schmidt.

Um die Teilchen in den Beschleunigungs­röhren in die richtige Spur zu lenken, werden sie im Vakuum bei Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt von 1232 supra­leitenden Magneten gelenkt. Die extremen Bedingungen stellen an die Materialien, die zur Herstellung der Röhren eingesetzt werden, besondere Anforderungen. Die walz­plattierten Bänder müssen auch bei minus 270 Grad Celsius – der Betriebs­temperatur des LHC – ihre besonderen magnetischen Eigenschaften und mechanische Stabilität beibehalten. Der HL-LHC soll mehr als 13.000 internationalen Forschern zur Verfügung stehen und ab 2025 noch mehr Forschungs­ergebnisse ermöglichen.

Heraeus / DE

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