Spiegel aus dem Tintenstrahldrucker
Günstiges Verfahren soll Eigenschaften flexibel an die jeweilige Anwendung anpassen.
Teleskop, Lichtschranke, Kamera, Lasermesstechnik oder Smartphone: In vielen Geräten und Systemen sorgen optische Filter dafür, dass abhängig von der Wellenlänge Licht reflektiert oder transmittiert wird. Forschende des Karlsruher Instituts für Technologie haben neue Materialien und eine neue Prozesstechnik entwickelt, um solche Filter mit dem Tintenstrahldrucker herzustellen.

„Optische Spiegel und Filter werden überall gebraucht, wo mit Licht gearbeitet wird“, erläutert Uli Lemmer, Leiter des Lichttechnischen Instituts (LTI) des KIT. „Gefertigt werden sie bislang jedoch in komplexen Vakuumanlagen, die viel Energie und Material verbrauchen und einen vergleichsweise niedrigen Durchsatz haben.“ Optische Filter bestehen aus vielen nanometerdünnen, übereinanderliegenden Schichten, die aus zwei Materialien mit einer unterschiedlichen Dicke und einem unterschiedlichen Brechungsindex hergestellt werden. Bei herkömmlichen Produktionsverfahren wird das Material in großen Anlagen bei hohen Temperaturen großflächig aufgedampft – ein Prozess, der energieintensiv ist und bei dem viel Material verloren geht.
Mit ihrem neuartigen im Rahmen des Exzellenzclusters „3D Matter Made to Order“ entwickelten Verfahren wollen Lemmer und sein Team die Herstellungskosten senken und die Eigenschaften des Produkts flexibel an die jeweilige Anwendung anpassen. Deswegen stellen die Forschenden die Inkjet Optical Filters (IJPOFs) im Tintenstrahldrucker her. Hierbei nutzen sie zwei unterschiedliche und speziell für diesen Prozess entwickelte Tinten. Die erste wird tropfenweise aufgedruckt, bis die Schicht die gewünschte Dicke hat. Dann wird das Material mittels UV-Licht ausgehärtet. Anschließend wird aus der zweiten Tinte die nächste Schicht nach dem gleichen Verfahren hergestellt. So entsteht der optische Filter aus dem Tintenstrahldrucker Schicht für Schicht aus zwei Materialien, die abwechselnd zum Einsatz kommen.
„Eine Herausforderung ist es dabei, die Druck- und Trocknungsparameter präzise zu bestimmen, vor allem aber die Schichtdicken passgenau zu variieren“, erklärt Lemmer. „Denn die Schichtdicke entscheidet darüber, welche Eigenschaften der Filter hat.“ Das Verfahren eignet sich besonders für Spezialanfertigungen, die in der Regel mit hohen Kosten verbunden sind, weil es für sie bislang keine effizienten Produktionsmöglichkeiten gibt. Einen hohen Bedarf für die Filter aus dem Laserdrucker sehen die Forschenden unter anderem bei spektroskopischen Verfahren in der Medizin, messtechnischen Geräten für die Chemieindustrie oder auch Teleskopen mit einem hohen Reflexionsgrad, die eine große Fläche abdecken müssen.
Das neuartige Tintenstrahldruck-Verfahren nutzen die Wissenschaftler nicht nur zur Herstellung von optischen Filtern, sondern auch von dielektrischen Spiegeln. Diese Bragg-Spiegel kommen unter anderem in Kamerasystemen, Mikroskopen oder in Sensorsystemen zum Einsatz und leiten dort das Licht mit der richtigen Wellenlänge genau dorthin, wo es gebraucht wird. Mit Druckverfahren gelingt es den Forschenden, Bragg-Spiegel aus Nanotinten auf unterschiedlichen Oberflächen zu drucken. Die Filter haben einen ultrahohen Reflexionsgrad von 99 Prozent und maßgeschneiderte optische Eigenschaften. Die Herstellungsmethode eignet sich sowohl für optische Komponenten im Mikrometerbereich, zum Beispiel für Kameras, als auch für große Flächen wie Solarmodule. Gemeinsam mit seinen Promovierenden will Lemmer die innovative Technologie für die Herstellung einer neuen Generation von optischen Filtern und Spiegeln mit einer Ausgründung auf den Markt bringen.
KIT / JOL